Gegründet 1947 Dienstag, 16. Dezember 2025, Nr. 292
Die junge Welt wird von 3063 GenossInnen herausgegeben
Aus: Ausgabe vom 16.12.2025, Seite 2 / Ansichten

Vogelschau

2025-12-15T152438Z_2070504931_RC2RFIAHF43T_RTRMADP_3_USA-BELARUS

Eine Nation, die sich politische Gefangene hält, besitzt Verhandlungsmasse. Wie praktisch. Der belarussische Staat hat am Sonnabend 123 Gegner der amtierenden Herrschaftsmannschaft freigelassen, in Busse gesteckt und außer Landes expediert. Der zuständige Pressedienst in Minsk teilte mit, die Freilassung sei im »Rahmen der mit US-Präsident Donald Trump getroffenen Vereinbarungen und auf dessen Bitte hin« erfolgt. Grund des Schritts sei auch die Aufhebung der Sanktionen gegen die Kaliumindustrie der Republik Belarus, wurde weiters mitgeteilt. Die Presse hat zu diesem Kuhhandel natürlich eine Meinung, rätselt aber, was da genau zwischen den Staatsmännern Trump und Lukaschenko ausbaldowert worden ist.

Angewidert ist man bei der Süddeutschen Zeitung: »Menschen im Tausch für gelockerte Sanktionen – so zynisch läuft das Spiel des belarussischen Diktators Alexander Lukaschenko.« An diesem Mann ist alles schlecht. So kann denn auch die Amnestie kein Gnadenakt gewesen sein, sondern war vielmehr »ein Zeichen von Schwäche«. Warum? »Belarus kämpft wirtschaftlich ums Überleben.« Schuld sind das »diktatorische, zum Teil planwirtschaftliche System, die Wirkung westlicher Sanktionen und die Schwäche seines Nachbarn Russland«.

Alles Schwächlinge, auch die EU. Die Freilassung der politischen Gefangenen werfe ein schlechtes Licht auf den Staatenbund, findet die FAZ. Die Europäer »erscheinen als diejenigen, die unverdrossen Menschenrechtspreise an inhaftierte Regimekritiker und verfolgte Oppositionsgruppen in aller Welt verleihen, ohne wirklich etwas für sie zu erreichen«. Und dann kommt Trump angetrampelt »und lässt sich als Befreier feiern«. Wie demütigend.

Der Berliner Tagesspiegel hat mit Experten gesprochen, die es nun aber wirklich wissen müssen. Sie haben dafür im Kaffeesatz gelesen, Fische ausgenommen und den Vogelflug beobachtet. Pavel Slunkin, »Politanalyst« und ehemaliger belarussischer Diplomat, »findet es schwer zu glauben, dass Lukaschenko im Gegenzug nur die Aufhebung von US-Sanktionen auf Düngemittel erhalten habe. ›Vielleicht ist das noch nicht die gesamte Geschichte.‹« Vielleicht gibt es hinter dem verkündeten Deal noch einen viel größeren: dass nämlich die Ukraine ihren Hafen in Odessa für belarussische Exportware öffnet. So oder so, das Motiv des starken schwachen Mannes in Minsk ist klar: »›Lukaschenko ist ein Diktator und will gleichzeitig vom Westen akzeptiert werden‹, analysiert Slunkin.« Wer solche Analytiker hat, muss sich nicht mehr auf die Couch legen. (brat)

Friedenspropaganda statt Kriegsspielzeug

Mit dem Winteraktionsabo bieten wir denen ein Einstiegsangebot, die genug haben von der Kriegspropaganda der Mainstreammedien und auf der Suche nach anderen Analysen und Hintergründen sind. Es eignet sich, um sich mit unserer marxistisch-orientierten Blattlinie vertraut zu machen und sich von der Qualität unserer journalistischen Arbeit zu überzeugen. Und mit einem Preis von 25 Euro ist es das ideale Präsent, um liebe Menschen im Umfeld mit 30 Tagen Friedenspropaganda zu beschenken.

links & bündig gegen rechte Bünde

Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.

Ähnliche:

  • 19.11.2025

    Tusk beschuldigt Moskau

    Bahnanschläge in Polen: Regierungschef gibt offizielle Version aus, doch viele Ungereimtheiten bleiben

Mehr aus: Ansichten