Dreierlei Kampf
Von Arnold Schölzel
Im Sender Phoenix antwortet FAZ-Redakteur Ralph Bollmann am Dienstag auf die Frage, ob Friedrich Merz mit der Reise seines Außenministers nach China unter wirtschaftlichem Aspekt zufrieden sein kann: Viel ändern könne Johann Wadephul nicht. Er kämpfe »nicht nur mit der Politik der chinesischen Führung, sondern auch mit dem Verhalten deutscher Unternehmen«, die ein »De-Risking« von China ablehnten. Von letzterem erfährt allerdings kein FAZ-Leser etwas, das Blatt berichtet nur über die Gespräche Wadephuls am Montag in Beijing. Der FAZ-Außenpolitikredakteur Reinhard Veser fasst bereits am Dienstag das Ergebnis der Reise zusammen und geht auf den ersten »Kampf« ein. Der »relativ freundliche Empfang für Wadephul am Montag« solle nicht täuschen, der Ton könne »schnell wieder umschlagen«. Daher: »Auch wenn China in einer deutlich stärkeren Position als Europa ist, zahlt sich selbstbewusstes Auftreten aus.« »Wir« sind schließlich wer.
Das war offensichtlich etwas voreilig. Korrespondenten anderer Medien sind am Dienstag mit Wadephul in der »Hightechmetropole« (Bild) Guangzhou, und in der Welt bestätigt Asienkorrespondentin Christina zur Nedden am Mittwoch Bollmann und resümiert die beiden Tage Wadephuls in der Volksrepublik mit »Realitätsschock«: »Während deutsche Politiker seit Monaten über De-Risking sprechen, tätigen deutsche Unternehmen Rekordinvestitionen in China. Laut IW Köln erreichten die Direktinvestitionen 2023 mit 11,9 Milliarden Euro bereits einen Höchststand.« 2024 und 2025 seien weitere Milliardenbeträge von VW, BASF, BMW und Siemens in neue Vorhaben geflossen.
Zwischen »selbstbewusster« deutscher China-Politik à la FAZ und dem China-Engagement deutscher Unternehmen besteht offenbar ein Unterschied. Den beschreibt zur Nedden so: »Für Beijing ist klar: Die deutsche Politik will unabhängiger sein, während die deutsche Wirtschaft abhängig ist.« Ähnlich berichtet Bild-Chefreporterin Nadja Aswad aus Guangzhou: »Da prallen zwei Welten aufeinander: China fährt Zukunft. Deutschland spricht darüber.« Und schließt ab mit: »Preise steigen, wenn China Lieferungen stoppt. Jobs wackeln, wenn deutsche Firmen Aufträge verlieren. Löhne stagnieren, wenn die Industrie lahmt. Renten geraten unter Druck, wenn die Wirtschaft schrumpft. Unser Alltag wird teurer, wenn China die Regeln setzt. Was in Guangzhou passiert, zeigt sich bei uns im Portemonnaie.«
Wadephul drückt sich nicht so wolkig aus, der Realitätsschock in Guangzhou verhilft ihm zu fast lichten Momenten. Er trifft dort Martin Herrenknecht, Chef des Weltmarktführers für Tunnelbohrmaschinen, der in China 950 Leute beschäftigt, und fährt mit einem fahrerlosen Elektrobus. Anschließend sagt der Außenminister laut dpa: »Wenn es um die Zukunftstechnologien geht, ist China Vorreiter und, man muss es klar sagen, auch unser größter Konkurrent.« Deutschland schaffe es nicht immer, aus Spitzenforschung praktische Lösungen zu entwickeln. Und auch die Gesellschaft müsse offener werden für Innovationen. »Auch hier haben wir echten Aufholbedarf.«
Beide Zitate schaffen es in kein deutsches Medium. Einzige Ausnahme: Ruth Kirchner aus dem ARD-Hauptstadtstudio im Hörfunk. Zu den beiden von Bollmann benannten Kämpfen kommt so ein dritter: der mit deutschen Bürgermedien. Wenn Wadephul Chinas technische Spitzenstellung benennt und am deutschen Innovationswesen herummäkelt, fällt er aus der Berichterstattung. Der Außenminister bekämpft nicht chinabesessene deutsche Firmen? Es gibt statt deutschem technischem »Aufholbedarf« wichtigere Themen fürs »Berichten« aus der Volksrepublik. Ein China-Realitätsschock kann nur schaden.
Wenn Wadephul Chinas technische Spitzenstellung benennt und am deutschen Innovationswesen herummäkelt, fällt er aus der Berichterstattung.
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