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Aus: Ausgabe vom 11.12.2025, Seite 10 / Feuilleton
Nachruf

Ins Gedächtnis gebrannt

Zum Tod von Wolfgang Petrick
Von Matthias Reichelt
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Wollte es den Betrachtern nicht einfach machen: Wolfgang Petrick

Wolfgang Petricks großartiges Werk aus figurativer Malerei, Zeichnungen und Skulpturen zeugt von einer Schaffenskraft, die keine Grenzen kannte. Seine Bilder strotzen vor einer thematischen Vielfalt, die, auf einen Nenner gebracht, von der Zurichtung des Menschen durch den Menschen, der von ihm entwickelten Technik und von seiner übelsten Erfindung, dem Krieg, handelt. Der 1939 in Berlin geborene Künstler erlebte Bombennächte und SS-Männer, die KZ-Häftlinge zur Errichtung von Panzersperren antrieben. Es brannte sich unauslöschlich in sein Gedächtnis. Bereits als Schüler begann er mit dem Zeichnen. Nach dem Abitur studierte er von 1958 bis 1965 an der Westberliner Hochschule der Künste (HdK) und schloss als Meisterschüler von Werner Volkert ab. Entgegen dem damaligen Trend zur Abstraktion blieb er der Figuration treu. 1964 heiratete er die technische Zeichnerin Helma Hartmann, die sich als Autodidaktin mit surrealen, märchenhaften Gemälden als Helma einen Namen machte. Sie starb am 10. März 2025. Die gemeinsame Tochter ist die bekannte Kinderbuchautorin Nina Petrick.

In Ermangelung anderer Ausstellungsmöglichkeiten in Westberlin gründete Wolfgang Petrick 1964 zusammen mit Hans-Jürgen Diehl, Eduard Franoszek und anderen eine der ersten Produzentengalerien in Schöneberg, benannt nach ihrer Adresse: »Großgörschen 35«.

Von 1975 bis 2007 hatte er an der HdK (ab 2001 Universität der Künste) eine Professur für Malerei inne. 1981 erhielt er unter anderem den Deutschen Kritikerpreis, und 1993 wurde er in die Akademie der Künste Berlin aufgenommen. Ab Mitte der 1990er Jahre unterhielt Petrick ein Atelier in Williamsburg in New York City, was seine Motivauswahl prägte. So malte er prächtige Feuerwehrfahrzeuge, die Twin Towers und den Terroranschlag am 11. September 2001.

Bis zuletzt arbeitete er an mehreren Gemälden gleichzeitig, integrierte mit KI bearbeitete Collagen und anamorphotische Verzerrungen, verbesserte das eine und fügte dem anderen etwas hinzu. Obwohl er immer gut an zahlreiche Sammler und auch Museen verkauft hatte, ist seine 500 Quadratmeter große Studiowohnung am Berliner Lützowplatz überfüllt mit kleinen und großen Tableaus. Sein Ziel war es, »dem Ausstellungsbesucher einen Zustand von Veränderung und Deformation vor Augen zu führen«, sowohl poetische als auch »ungenießbare Bilder und Installationen« zu schaffen, die nicht einfach zu konsumieren sind.

Am 5. Dezember ist Wolfgang Petrick im Alter von 86 Jahren in Berlin gestorben.

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