Liberaler auf der Siegesspur
Von Thorben Austen, San Pedro Sula
Auch mehrere Tage nach den Präsidentschaftswahlen in Honduras vom Sonntag steht der Sieger nicht fest. Nach Auszählung von 80,29 Prozent der Stimmen am Mittwoch abend (Ortszeit) bleibt es ein enges Rennen zwischen den beiden rechten Kandidaten. Salvador Nasralla von der Liberalen Partei zieht demnach mit 40,23 Prozent an seinem Konkurrenten Nasry Asfura von der Nationalen Partei vorbei. Der von US-Präsident Donald Trump unterstützte Kandidat kommt auf 39,69 Prozent. Beide trennen rund 14.000 Stimmen. Die lange Dauer der Auszählung ist nach Medienberichten auf Mängel und Fehler im Zählsystem zurückzuführen; kurz nach den ersten Zwischenergebnissen war es für 36 Stunden komplett ausgefallen. Das honduranische Wahlrecht kennt keine Stichwahl, der Kandidat mit der einfachen Mehrheit ist der künftige Präsident und Regierungschef.
Nach aktuellen Auszählungen führt Asfura zwar in 202 der 298 Landkreise, dies sind aber überwiegend geringer besiedelte im Süden des Landes. Nasralla führt in 81 Landkreisen, davon viele der stark bevölkerten im Norden um die Industriestadt San Pedro Sula. Die bisherige linke Regierungspartei Libre liegt aktuell in 14 Landkreisen vorn. Ihre Präsidentschaftskandidatin Rixi Moncada kommt auf 19,1 Prozent. 2021 hatte ihre Parteikollegin Xiomara Castro die Wahlen mit 51,12 Prozent deutlich gewonnen. Zu den Gründen der starken Stimmenverluste äußerte sich Moncada am Mittwoch in einem Interview mit dem Fernsehsender Telesur. Dabei ging die Kandidatin auf die bereits am Montag in einer Ansprache an Anhänger der Partei geäußerten Vorwürfe von Unregelmäßigkeiten ein, die das Übertragungssystem der Stimmen und das Fehlen des biometrischen Erkennungssystems bei einem Teil der Stimmen betreffen. »Ich werde die Ergebnisse akzeptieren, die in 100 Prozent der uns zugesandten Protokolle enthalten sind, sobald sie mit den Daten des Nationalen Wahlrats abgeglichen sind«, stellte sie klar.
Weiter kam Moncada auf die Einmischung von Trump zu sprechen. Wenige Tage vor der Abstimmung hatte der US-Präsident mit Blick auf die linke Präsidentschaftskandidatin erklärt: »Sie ist Kommunistin, wählt sie nicht.« Doch damit war es nicht genug. Zeitgleich seien Millionen Handynachrichten an Honduraner verschickt worden. Diese lauteten, so die Politikerin gegenüber Telesur: »Wenn Rixi Moncada gewinnt, werden die Remesas (Geldüberweisungen von Migranten, jW) im Dezember nicht ankommen.« In Honduras gibt es etwa 2,5 Millionen Menschen, die Gelder von Verwandten aus den Vereinigten Staaten erhalten. »Das ist Erpressung und Nötigung«, warf Moncada Trump vor.
In Honduras wächst derweil der Unmut, dass noch immer kein Ergebnis feststeht. Für einen Taxifahrer aus San Pedro Sula steckt dahinter die Absicht der Nationalen Partei eines erneuten Betrugs »wie 2017«. Damals lag Nasralla, noch in Allianz mit Libre, bei den Wahlen vorn, nach einem Ausfall der Computersysteme erklärte der Wahlrat dann aber dessen Konkurrenten Juan Orlando Hernández zum Sieger. »Dass Trump Hernández jetzt begnadigt, zeigt doch, wohin es geht«, so der Mann, der sich als Anhänger der Liberalen Partei zu erkennen gibt. »Ich habe für Nasralla gestimmt, alle meine Freunde und überhaupt das halbe Land«, erklärt er gegenüber jW. Der wegen Waffen- und Kokainschmuggels in den USA zu 45 Jahren Haft verurteilte Expräsident Hernández ist nun wieder ein freier Mann.
Derweil kam es in San Pedro Sula am Dienstag zu Protesten gegen den dortigen Bürgermeister Roberto Contreras, die in Auseinandersetzungen mit der Polizei mündeten. Der Kandidat für die Liberale Partei liegt in seinem Wahlkreis deutlich vorn. Hintergrund der Proteste waren Gerüchte über mutmaßliche Stimmenkäufe, angeblich in Höhe von einer Million Lempiras (rund 32.000 Euro). Er bestreitet die Vorwürfe. Unklar ist, wer genau hinter den Protesten steckt. In einzelnen Presseberichten ist von Anhängern der Nationalen und der Liberalen Partei die Rede, in anderen von Demonstranten ohne Parteizugehörigkeit.
Für eine Verkäuferin, die in der Nähe des Rathauses von San Pedro Sula auf der Straße günstigen Schmuck verkauft, sind die Auseinandersetzungen »Ausdruck schmutziger Politik«, jeder der »drei Parteien gehe es nur um den persönlichen Machterhalt«, sagte sie gegenüber jW. Eine Kollegin von einem benachbarten Verkaufsstand möchte aber klarstellen, dass die »Freilassung von Hernández verrückt ist«. Parteipolitisch möchte sie sich nicht festlegen, hat bei den letzten drei Wahlen für alle drei großen Parteien gestimmt, »aber Hernández, das geht gar nicht«.
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