Raum für Schönheit
Von Hugo BraunEine der wenigen in jüngster Zeit erfreulichen Nachrichten aus den USA war die Ankündigung einer großen Ausstellung zu Wifredo Lam im Museum of Modern Art (MoMa) in New York. Christophe Cherix, neuer Direktor des Hauses, eröffnet seine Amtszeit mit einer Retrospektive des kubanischen Malers – eines leidenschaftlichen Antirassisten und Kämpfers für soziale Gerechtigkeit. Seit dem 7. November sind in der von Cherix und der Kuratorin Beverly Adams konzipierten Schau »When I Don’t Sleep, I Dream« rund 150 Werke zu sehen. Damit ist es die umfangreichste Lam-Ausstellung seit einem Jahrzehnt und die erste Retrospektive seiner Kunst in den USA.
Eine wirklich umfassende Werkschau verhinderte jedoch die antikubanische Sanktionspolitik der Regierung Trump. Wie die New York Times berichtet, musste Cherix erfahren, dass Leihgaben aus dem Museo Nacional de Bellas Artes in Havanna beschlagnahmt werden könnten. Damit bleiben zahlreiche Arbeiten mit klarer humanistischer Botschaft, wie sie 2022 zum 150. Geburtstag des Künstlers in Havanna gezeigt wurden, dem US-amerikanischen Publikum verborgen.
Heute gilt Wifredo Lam (1902–1982) als bedeutendster Maler Kubas. Seine Werke gehören längst zum Kulturerbe des Landes. Sie spiegeln sein tiefes Verständnis der afrokubanischen Kultur und seine Fähigkeit, komplexe Themen mit künstlerischer Kraft auszudrücken.
Ein Stipendium ermöglichte es 1923 dem damals jungen Künstler chinesisch-afrokubanischer Herkunft, der aus ärmlichen Verhältnissen stammte, nach Madrid zu gehen. Dort setzte er seine Ausbildung fort und begann, sich intensiv mit sozialen und politischen Fragen auseinanderzusetzen. Im Spanischen Krieg engagierte sich Lam auf Seiten der Republikaner. Sein erstes deutlich politisches Werk, die 1937 entstandene Gouache »La Guerra Civil«, zeigt Menschen unter dem Terror der Faschisten – ein Pendant zu Pablo Picassos »Guernica« und diesem in der Dringlichkeit der Darstellung des Fliehens, Sterbens, Mordens sehr ähnlich. Es ist in der MoMa-Ausstellung zu sehen.
Nach der Niederlage der Republik ging Lam 1938 nach Paris. Picasso führte ihn in den Kreis um Henri Matisse und Fernand Léger ein. Rasch fand seine Kunst europaweite Anerkennung, 1939 debütierte er in New York in einer gemeinsamen Ausstellung mit Picasso. 1940 zwang ihn die deutsche Besatzung Frankreichs zur Flucht nach Kuba. Nach dem Staatsstreich von Fulgencio Batista 1952 ließ er sich erneut in Paris nieder, kehrte jedoch ab 1959 regelmäßig nach Havanna zurück – beeindruckt von den sozialen Idealen der Kubanischen Revolution. Er unterhielt ein Studio in Havanna und schuf einige seiner wichtigsten Werke dort, wie die Historikerin Ada Ferrer schreibt, die in einem Beitrag für die New Yorker Ausstellung den fortwährenden Wechsel zwischen Anregung im Ausland und Rückkehr zu den Wurzeln hervorhebt. Auf Kuba ließ sich Lam auch behandeln, nachdem er 1978 einen Schlaganfall erlitten hatte. Es war sein letzter Aufenthalt in der Karibik. Wifredo Lam starb 1982 in Paris. Seine Asche wurde in Havanna in einem Staatsbegräbnis beigesetzt, Fidel Castro würdigte den Verstorbenen.
Die New Yorker Ausstellungsmacher legen das Augenmerk auf den antikolonialen und transnationalen Charakter von Lams Schaffen. Dieser habe »einen bedeutungsvollen Raum für die Schönheit und Tiefe der schwarzen Diasporakultur« geschaffen, heißt es in der Ankündigung. Er selbst sprach von seiner Kunst als einem »Akt der Entkolonialisierung«.
In Deutschland war die Kunst des Kubaners das letzte Mal in einer eigenen Schau 1967 in einer Ausstellung der Kestner-Gesellschaft in Hannover zu sehen. 2017 wurden einige seiner Werke in einer Gruppenausstellung über afrokubanische Kunst in Berlin gezeigt. Die umfassende Retrospektive von Wifredo Lam, die mit etwa 300 Stücken – darunter Gemälden, Zeichnungen, Druckgrafiken und Keramiken – einen tiefen Einblick in das Werk des Künstlers bot, konnte von Dezember 2015 bis Anfang 2016 im Centre Pompidou in Paris und anschließend in der Tate Modern in London besichtigt werden.
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