Geschichtsklitterung in Margraten?
Von Gerrit Hoekman
An der Landstraße N 278 von Aachen nach Maastricht liegt kurz hinter der Ortschaft Margraten ein großer US-amerikanischer Soldatenfriedhof mit über 8.000 Gräbern. Im Ende 2023 eröffneten Besucherzentrum hingen bis vor kurzem zwei Infotafeln, die auf die wichtige Rolle der schwarzen GIs im Zweiten Weltkrieg hinwiesen, die für die Befreiung der Niederlande und ganz Europas vom Nazi-Faschismus ihr Leben ließen. Inzwischen sind die beiden Tafeln verschwunden, wie Medien Mitte November berichteten.
Margraten wird von der American Battle Monuments Commission (ABMC) verwaltet, die sich im Auftrag des Pentagons seit 1923 um 24 Soldatenfriedhöfe außerhalb der Vereinigten Staaten kümmert – in Europa, Nordafrika und dem pazifischen Raum. Sie bestimmt, wie der Gefallenen gedacht wird. Der Text auf den Tafeln passe nicht mehr zur »Mission des Gedenkens«, hieß es als Reaktion auf die Berichte von seiten der ABMC . Auf einer Tafel waren Aufnahmen von schwarzen Soldaten zu sehen, die im Zweiten Weltkrieg einen doppelten Kampf führten: nicht nur gegen die Nazis, sondern auch gegen den Rassismus in der US-Armee. »In der Armee herrschte tiefe Rassentrennung. Sie kämpften für eine Freiheit, die ihnen selbst verwehrt blieb«, urteilte das Büro des Gouverneurs der Provinz Limburg.
»Insgesamt kämpften 900.000 Afroamerikaner in Europa. Den meisten schwarzen Soldaten war es nicht erlaubt, selbst zu den Waffen zu greifen, sie dienten als Unterstützungstruppen, beispielsweise in der Logistik«, erklärte der öffentlich-rechtliche niederländische Nachrichtenverteiler NOS. Zum Beispiel waren sie für den Bau des Friedhofs in Margraten verantwortlich und hoben unter strengen winterlichen Bedingungen die Gräber aus. Die Arbeit war psychisch belastend, weil die Toten oft bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt waren.
Die Tafeln im Besucherzentrum sollen bereits im März abgehängt worden sein. Es fiel jedoch anscheinend niemandem auf, bis unlängst ein niederländischer Regisseur stutzig wurde, der für einen Film über einen der Totengräber nach passenden Drehorten suchte. Der Lokalsender Heuvelland Vandaag fragte bei der ABCM nach. Die Entfernung der Tafeln sei »Teil einer umfassenden Überprüfung«, teilte die Kommission dem Sender schriftlich mit. »Diejenigen, die sich für die Aufstellung dieser besonderen Tafeln eingesetzt haben, befürchten, dass sie nicht zurückkehren werden«, so Heuvelland Vandaag.
Die ABMC folgt mit der offensichtlichen Zensur der Linie der Regierung in Washington, die alles aus der nationalen Erinnerung entfernen will, was an ein besonders dunkles Kapitel in der Geschichte der USA erinnert. »Sie reden nur noch darüber, wie schrecklich unser Land ist, wie grausam die Sklaverei war«, schrieb der US-Präsident vor einiger Zeit auf seiner Plattform »Truth Social«. Die erzkonservative Denkfabrik Heritage Foundation warf der ABMC im Frühjahr vor, Trumps Antidiversitätspolitik zu ignorieren. Die Kommission entließ daraufhin pflichtschuldig ihren Beauftragten für Diversität – aus Angst, die Fördermittel zu verlieren. »Die ABMC hat zu keinem Zeitpunkt Anweisungen von außen erhalten, Ausstellungsstücke zu entfernen«, beteuerte ein Sprecher der Friedhofsverwaltung gegenüber NOS. »Man sieht, wie bestimmte Inhalte online verschwinden, oft solche über Menschen mit anderer Hautfarbe oder sexueller Orientierung«, schloss der niederländische Historiker Samuel de Korte gegenüber Heuvelland Vandaag einen Zufall aus.
»Diese schwarzen Befreier spielten eine entscheidende Rolle bei der Befreiung Limburgs«, ließ Emile Roemer, der vom König eingesetzte Gouverneur der Provinz Limburg, über seinen Sprecher ausrichten. »In der Armee herrschte tiefe Rassentrennung. Sie kämpften für eine Freiheit, die ihnen selbst verwehrt blieb.« Roemer war lange Zeit Spitzenkandidat der Socialistische Partij. Joe Popolo, derzeitiger US-Botschafter in Den Haag, widersprach: »Die Ausstellungen in Margraten dienen nicht dazu, eine Agenda zu fördern, die Amerika kritisiert«, schrieb er auf X. Kriegsveteranen und Nachfahren der Soldaten sind über die Entfernung der Tafeln empört. »Eine absolute Schande«, zitierte NOS einen Veteranen. Immerhin hätten Afroamerikaner Margraten größtenteils angelegt. »Sie haben die Gräber ausgehoben und die meisten Soldaten beerdigt.«
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