Gegründet 1947 Mittwoch, 24. Dezember 2025, Nr. 299
Die junge Welt wird von 3063 GenossInnen herausgegeben
Aus: Ausgabe vom 24.11.2025, Seite 4 / Inland
Kriegspropaganda

»Trump-Putin-Pakt« und »Versailles«

US-Vorschlag für Ende des Ukraine-Krieges sorgt für Wutausbrüche in der deutschen Politik
Von Kristian Stemmler
Marie_Agnes_Strack_Z_87954985.jpg
Die Schützengräben sind weit weg: Marie-Agnes Strack-Zimmermann beim sogenannten Ludwig-Erhard-Gipfel in Gmund am Tegernsee (9.5.2025)

Der neuerliche Vorstoß für eine Beendigung des Krieges in der Ukraine hat in der deutschen Politik die erwartbaren Wutausbrüche der üblichen Verdächtigen zur Folge. Von einem »irren Diktatfrieden, der die NATO zerstören würde«, sprach etwa Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im EU-Parlament. Franziska Brantner, Kovorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, nannte den Plan »Trump-Putin-Pakt« – offensichtlich in Anlehnung an den »Hitler-Stalin-Pakt«. Und der frühere Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) warnte vor einem »zweiten Versailles«.

Die Wortmeldungen aus der Bundesregierung zum Vorstoß aus Washington wirken im Vergleich eher zurückhaltend. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) bestand am Sonnabend am Rande des G20-Gipfels im südafrikanischen Johannesburg auf der Beteiligung der EU und der Ukraine. Kriege könnten nicht beendet werden »durch Großmächte über die Köpfe der beteiligten Länder hinweg«. Vielmehr sei dazu »eine uneingeschränkte Zustimmung der Ukraine« vonnöten, ebenso wie die »Europas«. Wenn die Ukraine den Krieg verlieren sollte und »möglicherweise kollabiert«, so Merz weiter, dann habe das »Auswirkungen auf die gesamte europäische Politik, auf den gesamten europäischen Kontinent«. Auch Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) hielt sich mit Kritik zurück. Er gehe nicht davon aus, dass der 28-Punkte-Plan schnell umgesetzt werden könne, erklärte der Minister ebenfalls am Sonnabend in der ARD. Die Bundesregierung sei von Washington informiert worden, »dass über diese Punkte gesprochen werden kann, und das tun wir auch jetzt«.

Unionspolitiker aus der zweiten Reihe durften ihrem Unmut dagegen freien Lauf lassen. So erklärte CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen gegenüber der Rheinischen Post schon am Freitag, den 28 Punkten fehle »jedes Element für die dauerhafte Sicherheit Europas und der Ukraine«. Der Plan sei »völlig untauglich, zu einem Ende des Krieges zu führen, geschweige denn zu dauerhaftem Frieden«. Ähnliches kam von Alexander Radwan, außenpolitischer Sprecher der CSU im Bundestag. Der Plan sei »mehr als irritierend«. Über die Köpfe der Ukrainer und der Europäer hinweg werde »faktisch vorgeschlagen, Russland für seine Aggression zu belohnen«. CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter forderte Deutschland auf, »sich vehement gegen diesen Plan auszusprechen« und statt dessen, der Ukraine »unverzüglich« »Taurus«-Marschflugkörper zu liefern sowie die militärische und finanzielle Unterstützung für die Ukraine zu vervielfachen.

Ex-SPD-Chef Gabriel verlangt von der EU, die USA doch noch zu einer Änderung »dieses Diktatfriedens zu bewegen«, wie er dem Tagesspiegel sagte. Der Ukraine und Europa drohten sonst »ein zweites Versailles« und der Verlust der »inneren und äußeren Stabilität«. Der US-Plan komme »einem Verrat an allem gleich, was bislang unser transatlantisches Verhältnis ausgemacht hat«, fügte Gabriel hinzu, der auch Vorsitzender der sogenannten Atlantikbrücke ist.

Strack-Zimmermann zürnte, der Plan der USA sei »völlig inakzeptabel und gefährdet die Sicherheit weiterer Länder in Europa«. Auch sie forderte, der Ukraine alle Unterstützung zu liefern. Grünen-Chefin Brantner forderte Merz auf, als Reaktion auf den US-Plan »mit aller Kraft« europäische Unterstützung für die Ukraine zu organisieren. Wenn der Kanzler nicht dafür sorge, dass »Europa« mit am Tisch sitze, »wird Europa und nicht nur die Ukraine auf der Speisekarte stehen«. Auch Brantners Parteifreund Anton Hofreiter war auf der Zinne: Der Plan sei »eine Aufforderung an Wladimir Putin, weitere europäische Länder anzugreifen«, sagte er dem RND.

Friedenspropaganda statt Kriegsspielzeug

Mit dem Winteraktionsabo bieten wir denen ein Einstiegsangebot, die genug haben von der Kriegspropaganda der Mainstreammedien und auf der Suche nach anderen Analysen und Hintergründen sind. Es eignet sich, um sich mit unserer marxistisch-orientierten Blattlinie vertraut zu machen und sich von der Qualität unserer journalistischen Arbeit zu überzeugen. Und mit einem Preis von 25 Euro ist es das ideale Präsent, um liebe Menschen im Umfeld mit 30 Tagen Friedenspropaganda zu beschenken.

links & bündig gegen rechte Bünde

Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.

Dieser Artikel gehört zu folgenden Dossiers:

Ähnliche:

  • Baerbock bei der Kontrolle deutschen Kriegsgeräts in der Ukraine...
    05.04.2025

    Freischwimmer im EU-Teich

    Die Außenpolitik der Ampel hat die BRD zwar in die Klemme zwischen den USA und Russland geführt. Langfristig wichtiger dürfte aber die neue deutsche Führungsrolle innerhalb der EU sein
  • Kriegstüchtigkeit: Olaf Scholz (SPD) begutachtet die Truppen (Vi...
    27.06.2024

    Gebetsmühle Bundestag

    Regierungserklärung: Kanzler betont vor EU-Ratssitzungen und NATO-Gipfeltreffen transatlantische »Freundschaft«

Mehr aus: Inland