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Aus: Ausgabe vom 24.11.2025, Seite 4 / Inland
Linkspartei

Rechte Festwochen bei Die Linke

Ausschluss von Ramsis Kilani bestätigt. Proimperialistische »Bundesarbeitsgemeinschaft Shalom« konstituiert sich
Von Max Grigutsch und Nico Popp
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Protestierende Linke-Mitglieder am Sonnabend im Eingangsbereich des Karl-Liebknecht-Hauses

Die Bundesschiedskommission der Partei Die Linke hat den Parteiausschluss des palästinasolidarischen Aktivisten Ramsis Kilani am Sonnabend bestätigt. Während sich vor dem Karl-Liebknecht-Haus etwa 100 Menschen an einer Protestkundgebung gegen den Ausschluss beteiligten, entschied das achtköpfige Gremium, die Berufung gegen den Beschluss der Schiedskommission des Berliner Landesverbandes vom Dezember 2024 zurückzuweisen.

Kilani selbst wurde in der Sache nicht mehr angehört. Sein Rauswurf ist damit vollzogen. »Der rechte Parteiflügel wird gedeckt, der linke Parteiflügel wird ausgeschlossen und marginalisiert«, sagte Kilani nach dem Beschluss vor Journalisten. Den Ausschluss beantragt hatten die ehemalige Berliner Landesvorsitzende Katina Schubert und der EU-Parlamentsabgeordnete und ehemalige Koparteichef Martin Schirdewan.

Den Vorstoß zum Ausschluss Kilanis betrachten kritische Parteimitglieder vielfach als Machtdemonstration und Disziplinierungsmaßnahme des im Apparat und in vielen Vorständen überproportional stark vertretenen rechten Parteiflügels, der den neueren Zustrom vieler palästinasolidarischer Mitglieder mit Unbehagen verfolgt und bei dem Berliner Landesparteitag im Oktober 2024 mit einem Antrag zum Thema Antisemitismus und Nahostkonflikt aufgelaufen war. In der Begründung des Ausschlusses hatte die Berliner Landesschiedskommission Kilani vorgehalten, dass in der Solidarisierung »die Grenze dort erreicht« sei, »wo der Antragsgegner sich nicht klar genug gegen die Menschenrechtsverbrechen der Hamas und die Gewalttätigkeit gegenüber israelischen Zivilistinnen und Zivilisten abgrenzt«. Damit habe Kilani in schwerwiegender Weise »Glaubwürdigkeit und Ansehen der Partei« beschädigt. Kilani, der 2014 bei einem israelischen Luftangriff auf Gaza mehrere Familienangehörige verlor, hatte im Januar 2025 gegenüber jW erklärt, dass von der Schiedskommission die »Gewalt von Unterdrückern und Unterdrückten« undifferenziert gleichgesetzt werde. Damit würde die Schiedskommission ihrerseits »linke Grundprinzipien« aufgeben.

Nach dem Bekanntwerden der Entscheidung gegen Kilani besetzten am Sonnabend einige Protestierende kurzzeitig den Eingangsbereich des Karl-Liebknecht-Hauses. Eine Vertreterin der Landesarbeitsgemeinschaft Palästinasolidarität formulierte Forderungen an die Partei: »keine Linke ohne Ramsy« und »Aufarbeitung der gegen Ramsy Kilani gerichteten Kampagne«. Palästinasolidarische Stimmen müssten geschützt werden. »Politische Differenzen müssen politisch geklärt werden, nicht durch Ausgrenzung«, ergänzte sie.

Kilani sagte, das Vorgehen schade dem »Kampf gegen echten Antisemitismus«. Für diejenigen, die das Ausschlussverfahren gegen ihn betrieben hätten, sei auch die Gruppe »Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost« antisemitisch. Der Kampf für die Freiheit Palästinas sei indes verbunden mit dem Kampf gegen Antisemitismus.

Vor Ort waren auch zwei Vertreter des Berliner Ablegers der französischen Linkspartei La France insoumise. Sie zeigten sich, wenige Tage nach der kurzfristigen Verweigerung eines bereits zugesagten Raumes im Karl-Liebknecht-Haus für eine palästinasolidarische Veranstaltung mit der EU-Parlamentsabgeordneten Emma Fourreau, einmal mehr »schockiert« darüber, dass palästinensische Stimmen in der Linkspartei »mit dieser Kälte zum Schweigen gebracht werden«. Kilani müsse wieder Mitglied der Partei werden. Björn Tielebein, Landesgeschäftsführer von Die Linke Berlin, wollte das Geschehen am Sonnabend gegenüber jW nicht kommentieren.

Die extreme Rechte in der Linkspartei konsolidiert unterdessen weiter ihre Positionen. Am Wochenende hat sich die proimperialistische »Bundesarbeitsgemeinschaft Shalom« formell konstituiert. Darüber und über den Ausschluss Kilanis freute sich am Sonnabend An­dreas Büttner, Antisemitismusbeauftragter des Landes Brandenburg und Mitglied der Partei Die Linke. »Das sind doch gute Neuigkeiten am heutigen Tage«, schrieb er auf der Plattform X. Einen gegen Büttner gerichteten Ausschlussantrag hatte die Schiedskommission des Landesverbandes Brandenburg kürzlich abgeschmettert. Der Antrag war im Mai eingereicht worden. Die Antragsteller hatten unter anderem angeführt, dass Büttner die Maßnahmen gegen das Palästinenserhilfswerk UNRWA und Waffenlieferungen an Israel befürworte, die Golanhöhen als israelisches Territorium betrachte und die Anerkennung eines palästinensischen Staates ablehne. Damit verstoße er gegen Parteibeschlüsse und missachte das Programm, UN-Resolutionen und das Völkerrecht. Den Ausschlussantrag verwarf die Kommission als »offensichtlich unbegründet«.

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