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Aus: Ausgabe vom 24.11.2025, Seite 2 / Ansichten

Beschleunigter Abstieg

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Friedrich Merz hat die eigene Partei, deren Nachwuchs und sich selbst nicht im Griff. Beim G20-Gipfel ließ er die medialen Hofschranzen vermelden, er und Brasiliens Präsident Lula da Silva hätten sich »verbal 40 Minuten lang umarmt« und wollten demnächst in Belém zusammen tanzen gehen. Am Wochenende fragten sich einige in der Bürgerpresse, ob der Mann mit solchem »Humor« überhaupt Kanzler kann.

Die Süddeutsche Zeitung vom Sonnabend zeigte eine Karikatur mit der Bildunterschrift: »Die Luft ist raus.« Zu sehen sind drei Luftballons mit Merz-Gesicht, denen die Füllung entweicht. Daneben macht sich Roman Deininger Gedanken über die Zukunft der Koalition. Er behauptet, in der SPD gehe es ebenso drunter und drüber wie in CDU und CSU: »Bei den SPD-Linken ist Merz eh so beliebt wie in weiten Teilen Brasiliens, und in der CDU halten manche diesen Herbst offenbar für genau den richtigen Zeitpunkt, das Image als Kanzlerwahlverein abzustreifen. Gefahr liegt in der Dynamik der Lage. Was, wenn die SPD im März Rheinland-Pfalz verliert? Und die CDU dann Sachsen-Anhalt? Was, wenn das BSW in den Bundestag nachrückt und die Grünen mitregieren müssen?« Eine Minderheitsregierung möge in der Landespolitik vertretbar sein, aber da gehe es »nicht um die Handlungsfähigkeit einer Führungsnation Europas inmitten globaler Krisen«. Eine Minderheitsregierung im Bund? »CDU und CSU würden sich der AfD ausliefern.« Dem ließe sich hinzufügen: Die AfD wird der »Führungsnation Europas« nichts in den Weg legen. Die schmachtende Verehrung Alice Weidels für Trump oder Elon Musk brächte dem Transatlantismus neuen Inhalt: »Germany First«, vorerst nach »Make America Great Again«. Eine Idealkombination, die auch in der CDU gefällt.

Bild am Sonntag nahm sich Merz so vor: »Aufstände in der eigenen Partei, Konfrontation in der Koalition und schlechte Wirtschaftsdaten bzw. Umfragewerte: Bei Friedrich Merz (70) brennt schon vor Weihnachten der Baum. Kanzler, was nun?« Der »Merz-Herbst der Reformen« sei »im Nebel verschwommen«. Und zählt auf: »Das Handelsblatt titelt, ›Friedrich, der Getriebene‹, die Zeit bangt, ›Hält der durch?‹, die Taz ulkt, ›Die Union macht alles für die Rente – von Friedrich Merz‹, der Stern funkt, ›Der Einsame‹. Und in der NZZ teilt der Ex-Kohl-Berater Hans-Hermann Tiedje (Ex-Bild-Chef) seinen ›Schmerz mit Merz‹.«

Zeitungskommentare stürzen keinen, zeigen nur an, was die Mächtigen vom politischen Personal halten. Wer einen Merz zu dessen Chef macht, braucht sich über beschleunigten Abstieg nicht zu wundern. (as)

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