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Aus: Ausgabe vom 17.11.2025, Seite 4 / Inland
Deutschlandtag der Jungen Union

Gerangel um die Rente

Die Junge Union stellt sich gegen das »Rentenpaket« der Bundesregierung. Kanzler Merz fordert eine konstruktive Debatte, Söder schießt gegen die SPD
Von Kristian Stemmler
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Der Name ist Programm: Beim Deutschlandtag der Jungen Union in Rust ist die Zukunft rechts (14.11.2025)

Die Nachwuchsorganisationen stehen in der Regel links von ihren Mutterparteien. Nicht so bei der CDU, die von ihrer Parteijugend, der Jungen Union (JU), meist von rechts attackiert wird, wie sich erneut im Streit um das »Rentenpaket 2025« zeigt. Bei ihrem Deutschlandtag im südbadischen Rust am Wochenende bekräftigte die JU ihre Kritik an dem Gesetzeswerk: Die Stabilisierung des Rentenniveaus über das Jahr 2031 hinaus ist ihr schlicht zu teuer. Für Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), der das mit der SPD ausgehandelte Paket energisch verteidigte, rührte sich kaum eine Hand im Saal.

Der CDU-Chef kritisierte am Sonnabend die Abwehrhaltung seines Nachwuchses. Er warnte vor einem »Unterbietungswettbewerb: Wer bietet das niedrigste Rentenniveau an?« Damit gewinne die Union keine Wahl. Er werde »mit gutem Gewissen diesem Rentenpaket zustimmen«, wenn es im Bundestag zur Abstimmung vorliege, betonte Merz. Von der JU forderte der Kanzler, »konstruktiv« an der Debatte teilzunehmen.

JU-Chef Johannes Winkel hatte in seiner Rede am Freitag – ganz im Einklang mit den Interessen der Kapitalverbände – bekräftigt, das Rentenpaket dürfe »auf keinen Fall so kommen«. Bei dem Streit geht es um die Frage, in welchem Jahr das Rentenniveau, das bis 2031 auf 48 Prozent festgeschrieben wird, wieder abgesenkt wird. Die JU fordert, dass das Niveau im Jahr 2032 wieder auf 47 Prozent abgesenkt wird. Das Gesetzeswerk der Regierung sieht dagegen vor, dass das Sinken des Rentenniveaus 2032 vom Ausgangswert 48 Prozent beginnt. Der CDU-Nachwuchs verweist auf 120 Milliarden Euro Mehrkosten durch diese Regelung. Merz beteuerte, dass er nicht davon ausgehe, dass das Rentenpaket solche Folgekosten auslöst.

Rückendeckung bekam die Junge Union von Baden-Württembergs CDU-Chef Manuel Hagel. Er bezeichnete die JU am Sonnabend als »Hüter der Interessen von künftigen Generationen«. Der Vorschlag der SPD zur Rente sei aus der »Mottenkiste«. Unionsfraktionschef Jens Spahn machte dagegen in seiner Rede wenig Hoffnung auf Änderungen. Das Thema sei für die SPD in etwa so wichtig wie für die Union der Politikwechsel bei der Migration, sagte Spahn.

CSU-Chef Markus Söder nutzte bei seinem Auftritt am Sonntag die Gelegenheit, sich von Merz abzusetzen und den Beifall einzuheimsen, der dem CDU-Chef versagt geblieben war. »Ich finde, ihr habt schon gute Argumente«, schmeichelte Söder dem Nachwuchs. Es müsse über das Thema mit der SPD geredet werden. »Ein reines SPD-Basta von der Seite, das geht nicht«, so der Bayer. Die SPD sei nicht so stark, »wie sie selbst auftritt«.

Weitere Schützenhilfe bekam der CDU-Nachwuchs überraschend auch vom Vorsitzenden der Senioren-Union, Hubert Hüppe. Die Sorgen der jungen Generation seien berechtigt, »insbesondere mit Blick auf die Finanzierung der Rente und den demographischen Wandel«, erklärte Hüppe gegenüber den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND). Auch Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) schlug sich auf die Seite der JU. Die umlagefinanzierte Rente dürfe nicht zu einer weiteren Belastung der Lohnnebenkosten führen, sagte die CDU-Politikerin laut dpa.

SPD-Chef Lars Klingbeil schloss am Wochenende Korrekturen am Paket aus. »Ich sage euch in aller Klarheit: An diesem Gesetz wird nichts mehr geändert«, sagte er beim Landesparteitag der SPD Baden-Württemberg in Ulm. Die »schwarz-rote« Mehrheit ist allerdings nicht gesichert. Das liegt an der »Jungen Gruppe« im Bundestag, 18 CDU-Abgeordnete der JU. Deren Vorsitzender, Pascal Reddig, bekräftigte auf dem Deutschlandtag, dem Paket bei der Abstimmung Anfang Dezember die Zustimmung verweigern zu wollen. Da Union und SPD im Bundestag nur eine Mehrheit von zwölf Stimmen haben, könnte die Junge Gruppe das Rentenpaket kippen.

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