Gegründet 1947 Sa. / So., 08. / 9. November 2025, Nr. 260
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Aus: Ausgabe vom 08.11.2025, Seite 8 (Beilage) / Wochenendbeilage

Draniki

Von Maxi Wunder

Roswitha fand Udos Gedicht (siehe letzte Wampe) zu behäbig. »Dein Villon in allen Ehren, aber diese metaphysische Draufsicht … ich weiß nicht. Mir fehlte die Ökonomie.« Rossi mag Kurt Schwitters und seine Schüler Brums Kloink, Xaver Trögl und Fitzkruttel von Zirbelschwurbs. Letzterer inspirierte sie zu folgender Sonatensatire:

TORSCHLUSS-TERROR

»Fümml! Trapp! Brizzl! – Die Märkte klatschen im Takt – ein Summen aus Stahl und Aluminium, Drrr-drrr-Dividende! Lass fallen, fallen, Proletarier fallen, Zahlen fliegen wie Tauben aus der Kasse des Kriegs. Schnüttelwutz!

Brumm, brumm! Europa taumelt im Schuldenwalzer, klonk der Panzer, klirr der Kurs! Tatatataaa! Der Ukraine-Krieg ein blutiger Bilanztanz, ein Kassensturz. Die Minister reden mit Aktienzungen, bla-bla-bio-bla, schicken anderer Leute Kinder in den Krieg – Drohohooohnenkrieg!

Scann! Scann! – die biometrische ID summt im Takt der Lohnabrechnung. Puls im Datenstrom, Auge im Algorithmus. Wer bin ich? fragt der Körper – die Antwort kommt als Passwort zurück. Äpäppäppäpp runterladen! Abgerufen! Ausgelaufen … Denn wovon lebt der Meeeensch?!

Brrrooo! Die Fabrik brennt im Fernsehlicht, doch der Aktionär lächelt: «Es läuft!» Zack! Europa zieht den Gürtel enger – nur nicht beim Hals der Reichen. Tipp-tipp-tipp – die Algorithmen klackern, Zinsen wie Lawinen. Heiliger Profitus, heiz die Kriege an! Du hast das Feuerzeug dazu.

Ping! Ping! Pingeling! Auf den Trümmern wächst die Rendite. Komm her, du schöne Elite, ich geb’ dir ’ne goldene Blume aus Blut und Beton. ›Mach Beute, Filius!, Zukunft ist heute, Filius!‹ Der Vater, dein Berater – er hält die Aktien, du den Joint. Wer von beiden ist dein Freund?

Rrrrolll der Reklame, denk dieses, glaub’ jenes, gut ist, was gut ist für Blackrock. ›Ein Lächeln bitte!‹ Das Publikum klatscht mit verbrannten Händen. Die Proletarier fallen, die Dividenden steigen. Bis der Himmel reißt, und nichts bleibt als ein Datensatz und ein Schrei.«

Unser Dackel Töffi bezieht die lautmalerischen Teile des Gedichts auf sich und beantwortet sie mit kurzen Bellern. Nicht zuletzt hierdurch erhält die Sonate heimatlichen Reiz.

Einen deutschen Lyrikabend rundet man am besten mit Kartoffelpuffern ab:

Draniki

Für zwei bis drei Personen etwa 600 g mehligkochende Kartoffeln schälen und fein reiben. Eine kleine Zwiebel schälen und dazu reiben. Die Masse in ein sauberes Tuch geben und gründlich ausdrücken, damit überschüssige Flüssigkeit entweicht. Anschließend einen EL Haferflocken und ein Ei unterrühren, die Mischung kräftig mit Salz, Pfeffer und einer Prise Muskatnuss würzen und alles zu einem gleichmäßigen Teig vermengen. In einer Pfanne Öl erhitzen und die Kartoffelzwiebelmasse esslöffelweise hineingeben, leicht flachdrücken und bei mittlerer Hitze pro Seite etwa drei bis vier Minuten goldbraun braten. Die fertigen Draniki auf Küchenpapier abtropfen lassen. Zum Servieren die Puffer mit Räucherlachs belegen und evtl. mit einem Klecks Sauerrahm oder Crème fraîche garnieren. Mit frisch gehackter Petersilie oder Dill bestreuen, optional etwas Zitronensaft darüberträufeln.

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