Staatsaffäre Betssy Chávez
Von Volker Hermsdorf
Die rechte Regierung Perus hat die diplomatischen Beziehungen zu Mexiko am Montag abgebrochen. Auslöser ist der Entschluss der mexikanischen Regierung, der ehemaligen Premierministerin Betssy Chávez politisches Asyl zu gewähren. Die Politikerin der linken Partei Perú Libre war nach dem Putsch gegen Präsident Pedro Castillo Ende 2022 inhaftiert und mehr als zwei Jahre lang ohne Urteil im Frauengefängnis von Chorrillos festgehalten worden. Erst Anfang September ordnete das Verfassungsgericht ihre Freilassung an. Kurz darauf suchte Chávez in der mexikanischen Botschaft Schutz vor weiterer Verfolgung.
Die Ausweisung der Diplomatin erfolgte kurz nachdem das Außenministerium in Mexiko-Stadt das Asyl für Betssy Chávez bestätigt hatte. Die Entscheidung sei, so die mexikanische Regierung, »in vollem Einklang mit internationalem Recht und der Konvention über diplomatisches Asyl von 1954« getroffen worden. Dem Asyl sei eine gründliche Prüfung vorausgegangen. Es handle sich um einen legitimen, völkerrechtlich gedeckten Akt – und »in keiner Weise um einen Eingriff in die inneren Angelegenheiten Perus«, wie die Regierung in Lima behaupte. Außenminister Hugo de Zela sprach dagegen von einem »Verstoß gegen das Prinzip der Nichteinmischung«. Es sei »inakzeptabel«, dass Chávez nun unter diplomatischem Schutz stehe. Beobachter werten die Entscheidung als gezielte Eskalation, mit der Lima Druck auf Mexiko ausüben und die politische Isolation der Linken in Peru vertiefen wolle. Betssy Chávez, eine der prominentesten Akteurinnen von Perú Libre, wird – wie der inhaftierte Expräsident Pedro Castillo – seit dem Putsch der Rechten wegen angeblicher »Rebellion und Verschwörung« von der Staatsanwaltschaft verfolgt.
Chávez hatte in der Haft über Folter und Misshandlungen geklagt und im Sommer einen Hungerstreik begonnen. Internationale Solidaritätsgruppen, darunter peruanische Exilorganisationen in Mexiko, machten wiederholt auf ihren Fall aufmerksam. Der »Missbrauch der Untersuchungshaft als politisches Druckmittel« sei in Peru gängige Praxis, erklärten ihre Anwälte. Auch das Verfassungsgericht rügte den Justizapparat wegen »willkürlicher und illegaler Inhaftierung«. Seit dem Sturz Pedro Castillos regiert in Lima eine Allianz aus konservativen und rechten Kräften, die ihre Macht auf Repression und juristische Verfahren stützt. Unter der im Oktober wegen »moralischer Unzulänglichkeit« des Amtes enthobenen De-facto-Präsidentin Dina Boluarte, die nach dem Putsch das Amt übernommen hatte, wurden Proteste blutig niedergeschlagen – mindestens 61 von Polizei und Militär getötete Demonstranten sind dokumentiert. Ihr Nachfolger José Jerí von der rechten Partei Somos Perú führt diese Linie fort: Justiz und Exekutive arbeiten eng zusammen, um linke Politiker auszuschalten. Bis zu den für April 2026 angesetzten Neuwahlen, die den nicht gewählten Machthabern einen demokratischen Anschein verleihen sollen, dürfte die Verfolgung Oppositioneller weiter zunehmen. Nach landesweiten Protesten gegen den als korrupt geltenden Staatschef verhängte Jerí Ende Oktober einen zunächst einmonatigen Ausnahmezustand in der Hauptstadtregion Lima und der benachbarten Hafenstadt Callao.
Mexiko reagierte mit scharfer Kritik auf die jüngste Eskalation durch José Jerí. Der Bruch der diplomatischen Beziehungen sei »einseitig, überzogen und nicht gerechtfertigt«, heißt es in einer Erklärung vom Montag. Die Regierung Claudia Sheinbaums bekräftigte darin, dem eigenen humanistischen Prinzip verpflichtet zu bleiben, politisch Verfolgten Schutz zu bieten. Die Stellungnahme verweist auf eine Resolution der UN-Generalversammlung, wonach das Gewähren von Asyl »nicht als unfreundlicher Akt« gelten darf. Sheinbaum steht damit in direkter Kontinuität zu ihrem Vorgänger Andrés Manuel López Obrador, der bereits 2023 die Familie Pedro Castillos aufgenommen hatte. Für Perus Linke ist die Solidarität Mexikos mit Betssy Chávez mehr als nur eine diplomatische Geste – sie gilt als notwendiges Signal gegen die politische Unterdrückung in Peru.
Friedenspropaganda statt Kriegsspielzeug
Mit dem Winteraktionsabo bieten wir denen ein Einstiegsangebot, die genug haben von der Kriegspropaganda der Mainstreammedien und auf der Suche nach anderen Analysen und Hintergründen sind. Es eignet sich, um sich mit unserer marxistisch-orientierten Blattlinie vertraut zu machen und sich von der Qualität unserer journalistischen Arbeit zu überzeugen. Und mit einem Preis von 25 Euro ist es das ideale Präsent, um liebe Menschen im Umfeld mit 30 Tagen Friedenspropaganda zu beschenken.
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
Ähnliche:
Renato Pajuelo/AP Photo/dpa10.12.2022Castillo beantragt Asyl in Mexiko
Ronaldo SCHEMIDT / AFP28.12.2019Klage gegen Putschisten
- 28.09.2015
Linke sieht »vertane Chance für eine faire Flüchtlingspolitik«
Mehr aus: Ausland
-
Risse in Your Party
vom 06.11.2025 -
Ohne Kommentar
vom 06.11.2025 -
Die Blockade bricht
vom 06.11.2025 -
Kiew bleibt am Haken
vom 06.11.2025 -
Journalistin in Indien bedroht
vom 06.11.2025