»Justizreform« auf dem Weg
Von Gerhard Feldbauer
					Die von der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni verfolgten Pläne zum Umbau der Justiz sind von beiden Kammern des Parlaments – Senat und Abgeordnetenhaus – angenommen worden. Das berichtete die staatliche Nachrichtenagentur ANSA am Freitag. Die Pläne der Ultrarechtsregierung sehen vor, per Gesetz die Laufbahnen von Richtern und Staatsanwälten in Zukunft strikt zu trennen. Juristen sollen entweder Recht sprechen oder nur Anklage erheben. Bisher ist ein Wechsel möglich. Außerdem sollen für Richter und Staatsanwälte im Rahmen des Parlaments Selbstverwaltungsorgane gebildet werden, womit die Politik, das heißt die Regierung, wie in den USA oder in Ungarn Einfluss die Besetzung von Richterposten und damit auf die Rechtsprechung nehmen kann.
Die Opposition sieht die Unabhängigkeit von Richtern und Staatsanwälten bedroht und lehnt die Änderungen ab. Auch die großen Juristenverbände warnen und sehen die Gewaltenteilung in Gefahr. Die Nationale Richtervereinigung (ANM) erklärte: »Diese Reform verändert die von der verfassunggebenden Versammlung vorgesehene Machtstruktur und gefährdet die uneingeschränkte Umsetzung des Grundsatzes der Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz.« Die Regierung hält dem entgegen, dass große Teile der Justiz parteipolitisch auf seiten der Linken stünden. Lega-Chef und Vizepremier Matteo Salvini verstieg sich sogar zu der Forderung, »kommunistischen Richtern« müsse das Handwerk gelegt werden.
Ärger hatte die Faschistin Meloni immer wieder mit der Justiz. So als Gerichte mehrfach ihre Pläne zur schnellen Abschiebung von Geflüchteten in Auffanglager in Albanien stoppten und Asylsuchende nach Italien gebracht werden mussten. Dann geriet sie mit der Justiz in Konflikt, als der in Turin festgenommene libysche Polizeichef Osama Al-Masri nicht nur freigelassen, sondern auch noch mit einer Regierungsmaschine nach Libyen zurückgebracht wurde. Al-Masri war als Folterer in Lagern in Libyen bekannt, wo er Menschen wie Sklaven verkauft, ausgehungert und dem Tod überlassen, Frauen vergewaltigt und zur Prostitution gezwungen hatte. Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag leitete wegen der Freilassung und Abschiebung des mutmaßlichen Kriegsverbrechers Al-Masri nach Tripolis durch die italienische Regierung eine Untersuchung ein. Schließlich kam hinzu, dass Richter des Rechnungshofes gerade das Prestigeprojekt der Regierung, den Bau der Brücke vom italienischen Festland über die Straße von Messina nach Sizilien, wegen »zu hoher Kosten« abgelehnt haben, was Meloni als »einen weiteren Akt richterlicher Übergriffigkeit« verurteilte.
Außerdem will Meloni laut ANSA nun im Zusammenhang mit der »Justizreform« auch eine Direktwahl ihres Ministerpräsidentenpostens auf den Weg bringen. Einen entsprechenden Antrag hat die Abgeordnetenkammer bereits verabschiedet, und auch im Senat wird eine klare Mehrheit erwartet. Bislang schlägt der Präsident einen Regierungschef vor – in der Regel den Wahlsieger. Das kurz »Premierato« genannte Projekt nimmt Meloni jetzt in Angriff, weil es laut Umfragen Widerhall unter Wählern findet, die meinen, der Einfluss der Parteien werde so ausgeschaltet. Aber nicht nur die Opposition wendet sich dagegen. Auch Verfassungsrechtler und selbst frühere Parlamentspräsidenten lehnen es ab, da es das Ende des »parlamentarischen Systems« bedeuten würde.
Bei dem von ihr »Mutter aller Reformen« genannten Projekt soll außerdem die stärkste Partei einen Mehrheitsbonus von 55 Prozent der Sitze bekommen, um stabil regieren zu können. Nicht zuletzt ist das Verfassungsgericht noch nicht so eingerichtet, wie es sich die faschistische Koalition wünscht, zumal es sein verbrieftes Recht ist, aus seiner Mitte jährlich einen neuen Vorsitzenden zu wählen. Denn bisher kann das Gericht geplante Verfassungsänderungen daraufhin überprüfen, ob sie mit ihren »obersten Prinzipien« vereinbar sind. Um die »Justizreform« nun endgültig durchzubringen, hat Melonis Ultrarechtskoalition für das kommende Frühjahr die Abhaltung eines landesweiten Referendums angekündigt.
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