Reichtum und Artenvielfalt
Von Christian Selz, Kapstadt
Majestätische Elefantenherden, Löwen vor dem Hintergrund eines Sonnenuntergangs: Das ist Afrika, wie es von Reiseanbietern vermarktet wird. Doch die Realisierung des Klischeebilds in Naturreservaten schafft Konflikte mit der einheimischen Bevölkerung. Gemanagt werden die Areale häufig von Privatorganisationen aus dem globalen Norden, die sich durch Luxustourismus, Fördermittel und Spenden finanzieren. Eine von ihnen, African Parks, wurde von der Regierung des Tschad nun sogar kurzzeitig vor die Tür gesetzt – ehe das Umweltministerium in N’Djamena seine Entscheidung keine zwei Wochen später auf Druck der EU wieder zurücknahm.
Der tschadische Umweltminister Hassan Bakhit Djamous sparte ursprünglich nicht mit klaren Anschuldigungen: In einer Stellungnahme zur Kündigung des Managementvertrags Anfang Oktober warf er African Parks die »Nichtbeachtung von wichtigen Klauseln unserer Vereinbarung« und »wiederholte Respektlosigkeiten« vor. Wie Reuters berichtete, beklagte Djamous zudem ein »Wiederaufflammen der Wilderei und einen ernsten Mangel an Investitionen« in die Infrastruktur. In einer öffentlichen Antwort auf die Vorwürfe erklärte African Parks am 6. Oktober, es habe »Gespräche mit dem Ministerium eingeleitet, um die Position der Regierung zu verstehen und den bestmöglichen Weg zum zukünftigen Schutz dieser wichtigen Schutzgebiete zu finden«.
Wohlwollend könnte man schlussfolgern, dass diese Gespräche erfolgreich gewesen sein müssen. Denn am 17. Oktober veröffentlichten African Parks und das tschadische Umweltministerium eine gemeinsame Erklärung, in der »die vollständige Wiederinkraftsetzung der Managementverträge« verkündet wurde. Keine Erwähnung findet allerdings das Agieren der EU im Tschad, deren Vertretung die Aussetzung von mit Fördergeldern finanzierten Projekten für zunächst 90 Tage angekündigt hatte. Vielsagend ist auch eine Bitte Brüssels an African Parks, die EU-Vertretung über den neuesten Stand der Gespräche mit den tschadischen Behörden in Kenntnis zu setzen. Anders als ein Eingreifen zugunsten von African Parks kann das kaum interpretiert werden.
Die Episode fügt sich in jahrzehntelang gelebte Praxis von Regierungen und Organisationen des globalen Nordens ein. Die basiert auf der Annahme, nur selbst am besten zu wissen, was für den Naturschutz in Afrika nötig ist. Die Regierungen der Gastländer gelten eher als lästige Nebenakteure, die es ruhigzustellen gilt, nicht als Partner, sondern als Hürden. African Parks war dabei bereits vergangenes Jahr in die Kritik geraten, als der niederländische Journalist Olivier van Beemen sein Buch »Im Namen der Tiere« veröffentlichte. Der Autor war mehrfach in die Umgebung der von African Parks geführten Schutzgebiete gereist, um mit der dortigen Bevölkerung zu sprechen. Der Organisation, die nach eigenen Angaben Areale in 13 afrikanischen Ländern betreut, wirft er eine Militarisierung des Naturschutzes sowie die Marginalisierung der Einheimischen vor. Um »unberührte« Naturlandschaften als Kulisse perfekter Safaris für zahlungskräftige, meist weiße Gäste zu schaffen, werden Landschaften umgestaltet und Menschen verdrängt.
»Was sich verkauft, bleibt bestehen«, lautet das Mantra. Indem der Natur über Einnahmen aus Luxusunterkünften ein monetärer Wert beigemessen wird, ergibt sich der marktwirtschaftliche Anreiz, sie zu verteidigen – gegen jegliche andere Landnutzung, zerstörerisch-kriminelle wie volkswirtschaftlich produktive, von Wilderei bis Viehhaltung. Die Anschubfinanzierung kommt dabei meist – so auch bei African Parks – von schwerreichen westlichen Industriemagnaten, die als Philanthropen auftreten. Sie füllen eine Lücke, die chronisch verschuldete Regierungen afrikanischer Länder auch aufgrund mangelnder Steuerbasis nicht schließen können. Eine demokratische Kontrolle über die betreffenden Gebiete wird so untergraben, die Macht in den Händen der Privatorganisationen konzentriert. Geraten letztere in Schwierigkeiten, helfen die eigenen diplomatischen Vertretungen mit wirksamen Daumenschrauben. Der jüngste Konflikt zwischen African Parks und der tschadischen Regierung ist dafür ein Musterbeispiel.
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