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Aus: Ausgabe vom 20.10.2025, Seite 10 / Feuilleton

Friedenspreis an Schlögel

Der Historiker des »Nicht-Absichtsvollen« (Schlögel über Schlögel) Karl Schlögel ist zum Abschluss der Frankfurter Buchmesse mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet worden. Als einer der ersten habe er vor der aggressiven Expansionspolitik Wladimir Putins gewarnt, heißt es in der Urkunde, die der 77jährige in der Frankfurter Paulskirche entgegennahm. »Seine Mahnung an uns: Ohne eine freie Ukraine kann es keinen Frieden in Europa geben.«

Der Friedenspreis ist mit 25.000 Euro dotiert. Die Auszeichnung wird seit 1950 vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels vergeben, der Interessenorganisation der Verlage und Buchhandlungen. In seinem Werk verbinde er empirische Geschichtsschreibung mit persönlichen Erfahrungen, so die Jury. »Mit seiner Erzählweise, die Beobachten, Empfinden und Verstehen verbindet, korrigiert er Vorurteile und weckt Neugier.«

Die ukrainisch-deutsche Schriftstellerin Katja Petrowskaja dankte Schlögel in ihrer Laudatio für seinen Einsatz (sic): »Danke, dass Sie sich immer wieder zu Wort melden.« Die Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Karin Schmidt-Friderichs, sagte: »Karl Schlögel, der Russland wie kaum ein anderer kennt und für den Russland Heimat geworden ist, kann nicht mehr dorthin reisen, ohne seine Festnahme zu riskieren.« (dpa/jW)

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  • Leserbrief von Fred Buttkewitz aus Ulan - Ude (20. Oktober 2025 um 14:10 Uhr)
    »Seine Mahnung an uns: Ohne eine freie Ukraine kann es keinen Frieden in Europa geben.« Das ist nichts anderes als die Aufforderung, den Krieg bis zum Endsieg des Westens fortzusetzen. Das Problem ist ja leider nur, dass die Bürger der Westukraine und die der Ost- und Südukraine sich nie einigen konnten, vom wem sie frei sein wollten, was entsprechend im Wahlverhalten und dann im Putsch von 2014 Ausdruck fand, durch den die Wählerstimmen der einen Seite annulliert wurden. Die einen wollten sich von Bandera-Nazisten nicht vorschreiben lassen, wie sie zu leben haben und welche Sprache sie sprechen dürfen. Die andern wollten vom Einfluss Moskaus weg hin zur EU, die ihnen eine goldene Zukunft versprach. Ein dritter Teil huldigt der nationalistischen Tradition der SS-Division Galizien. Herr Schlögel versteht unter einer »freien Ukraine« ausschließlich eine im Sinne des Westens und der NATO, weiß aber ganz genau, dass ein Teil der Bürger der Ukraine, die sich mehr mit Russland verbunden fühlen, dann unterdrückt werden muss und sich ewig unfrei fühlen wird. Umgekehrt wird mit dem Bandera-Kult und den Anhängern dieser Ideologie aufgeräumt werden, sollte Russland den Krieg gewinnen. Unabhängig davon ist die Ukraine so verschuldet und hat sämtliche Bodenschätze und die Schwarzerdeböden bereits verpfändet, sodass für Jahrzehnte im Voraus unter dem Druck der Kreditgeber von einer freien Ukraine überhaupt keine Rede sein kann, solange sie dem wirtschaftlichen und politischen Zugriff des Westens ausgesetzt ist. Sollte die Ukraine weiterhin bestehen bleiben, würden dann bald unter dem Druck der wirtschaftlichen Krise und Monsterverschuldung sowie des zusammenbrechenden Sozialssystems die im Lande verbliebenen Ukrainer unter »Befreiung« etwas ganz anderes verstehen als Herr Schlögel. »Als einer der ersten habe er vor der aggressiven Expansionspolitik Wladimir Putins gewarnt, heißt es in der Urkunde«. Die ersten, die vor der aggressiven Expansionspolitik der NATO in Richtung Osten gewarnt haben, waren US-Diplomaten und auch westliche Militärs. Da war war Putins Vorgänger Jelzin im Amt, der Ukraine + NATO als rote Linie für Russland bezeichnete. Aber »Karl Schlögel, der Russland wie kaum ein anderer kennt und für den Russland Heimat geworden ist« kann so etwas als Historiker natürlich nicht wissen.

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