Besuch beim Waffenbruder
Von Nick Brauns
Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) ist am Freitag zum Antrittsbesuch in Ankara eingetroffen. Ein »Besuch bei einem schwierigen Freund«, heißt es bei dpa. Die Wahrheit ist allerdings, dass zwischen Deutschland und der Türkei eine geopolitisch bedingte rund 150jährige Waffenbrüderschaft besteht, die nur gelegentlich aufgrund türkischer innenpolitischer Entwicklungen getrübt wurde. »Die Türkei ist für uns ein zentraler strategischer Partner innerhalb des NATO-Bündnisses«, betonte Wadephul vor seiner Abreise das »große Potential« zur Zusammenarbeit in der Außenpolitik.
Wichtige Themen seien »Russland als größte Bedrohung für die NATO und der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine«. Um »Einnahmen der russischen Kriegskasse noch schneller austrocknen«, sieht der Bundesaußenminister die Türkei als Hüterin des Zugangs zum Schwarzen Meer in der Verantwortung.
Die Bundesregierung erwarte, dass die Türkei weiterhin Druck auf die Hamas ausübe, ihren Verpflichtungen im Rahmen des Gazaplans nachzukommen. Er sehe die deutsche Rolle darin, zu einer Wiederannäherung der Beziehungen zwischen Israel und der Türkei beizutragen, hofft Wadephul auf eine gemeinsame Ebene der beiden engsten Verbündeten der BRD in Nahost.
Aufgrund ihrer geopolitischen Lage kann es sich die Türkei erlauben, auf mehreren Hochzeiten zu tanzen. So trägt sie die EU-Sanktionen gegen Russland nicht mit und bezieht weiterhin russisches Öl und Gas, beliefert aber die Ukraine mit Waffen. Während Präsident Recep Tayyip Erdoğan sich als Advokat der palästinensischen Sache inszeniert, umgehen regierungsnahe türkische Kapitalisten über Mittelsmänner ein türkisches Handelsembargo gegen Israel, das zudem den Großteil seines Rohölbedarfs über die Türkei deckt.
Dass die Türkei bei dieser Ambivalenz einschließlich ihres Liebäugelns mit dem BRICS-Bündnis fest im westlichen Lager verankert ist und die Rolle eines trojanischen Pferdes der NATO im globalen Süden spielt, weiß Wadephul. »Als starker Alliierter ist die Türkei daran beteiligt, die Abschreckungsfähigkeit der NATO schnellstmöglich weiter zu erhöhen«, begründete der Außenminister gegenüber der Zeitung Hürriyet, warum Berlin nun die Aufrüstung Ankaras mit »Eurofightern« befürwortet.
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