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Aus: Ausgabe vom 16.10.2025, Seite 4 / Inland
Union und AfD

Die Rechtsaußenoption

Union: Rufe nach »konditionierter Gesprächsbereitschaft« gegenüber AfD
Von Kristian Stemmler
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AfD-Wahlplakat vor der CDU-Parteizentrale in Berlin (30.1.2025)

In der Union wird zunehmend offen über ein Ende der strikten Abgrenzung von der AfD auf Bundes- und Länderebene diskutiert. Im Magazin Stern plädierten am Mittwoch drei ehemals einflussreiche Akteure für einen anderen Umgang mit der AfD: der frühere CDU-Generalsekretär Peter Tauber, der ehemalige Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und der einstige Vorsitzende der CDU-Grundwertekommission Andreas Rödder. Offensichtlich ist dieser Vorstoß von »Ehemaligen« ohne Ämter als Türöffner angelegt, um anderen Parteifreunden, denen es darum geht, die Optionen für eine parlamentarische Zusammenarbeit nach rechts zu erweitern, die Möglichkeit zu geben, gefahrlos aus der Deckung zu kommen.

Tauber, Generalsekretär in der Hochphase der Merkel-Ära zwischen 2013 und 2018, sagte dem Magazin, die »derzeitige Stigmatisierung« helfe der AfD. Die Union solle deshalb »über eine neue Politik der roten Linien nachdenken, die es dann aber auch erlaubt, Beschlüsse zu fassen«, denen die AfD zustimmen könne, ohne dass gleich »die Nazikeule geschwungen wird«. Es drohe sonst eine »parlamentarische Blockade«. Rödder erklärte, die Union müsse der AfD »das eigene Spiel« aufzwingen und ihr eine »konditionierte Gesprächsbereitschaft« signalisieren. Wenn die AfD rote Linien einhalte und sich klar »von rechtsextremen Positionen und Figuren abgrenzt«, sei es den Versuch wert, »das Gespräch zu suchen und eine harte Auseinandersetzung in der Sache zu führen«.

Guttenberg sagte, »Entzauberung« gelinge »nicht durch Boykott«. Mit Blick auf die Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern 2026, bei denen die AfD jeweils deutlich stärkste Partei werden könnte, empfahl er der CDU, sich über Minderheitsregierungen Gedanken zu machen.

Kürzlich erst hatte Unionsfraktionschef Jens Spahn gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung geklagt: »Deutschland wählt seit zehn Jahren in Mehrheit Mitte-rechts, wird dann aber von Mitte-links-Regierungen regiert.« Im Stern heißt es dazu, Spahn stehe bei einigen in der CDU-Spitze unter Verdacht, solche Mehrheiten einmal selbst anführen zu wollen. Spahn habe sich jüngst persönlich dafür eingesetzt, den »Thinktank« von Rödder aus Bundesmitteln zu fördern, was im Kanzleramt »irritiert« zur Kenntnis genommen worden sei. Der Stern will auch vernommen haben, dass in den »Salons derer von und zu« »neuerdings« die Frage zu hören sei, warum man die AfD nicht einmal zeigen lasse, was sie könne.

Der schleswig-holsteinische CDU-Ministerpräsident Daniel Günther widersprach derweil dem Trio im Stern: »Wir haben eine klare Haltung gegenüber der AfD, an der wird sich nichts ändern.« Auch die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Karin Prien wandte sich gegen den Vorstoß. Die CSU-Spitze, die in Bayern unter dem Druck steigender Umfragewerte für die AfD steht, wies die Forderungen ebenfalls zurück. »Die CSU schließt jede Kooperation mit der AfD aus«, sagte Generalsekretär Martin Huber gegenüber dpa. Eine solche Kooperation »würde Deutschland schaden und die Union zerstören«.

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