No Future
Von Pierre Deason-Tomory
Die Frühverrentung der öffentlich-rechtlichen Radiosender geht rüstig voran. Der Bayerische Rundfunk wird sein über DAB plus verbreitetes Jugendprogramm Puls schon zum Jahreswechsel einstellen, wie die Branchenplattform radioszene.de vom BR erfahren hat. Der Musiksender wurde 2013 in den Äther geschickt und seither schrittweise eingedampft, schon seit dem 1. Januar gibt es bei Puls keine moderierten Sendungen oder Livenachrichten mehr. Mit dem Abschalten der Jugendwellen kommen einige der Länderanstalten in offenkundig selbstmörderischer Absicht der Vorgabe aus der ARD-Reform nach, 16 ihrer 69 Radiosender zu streichen. Der Hessische, der Saarländische und der Südwestrundfunk wollen ihre drei Jugendradios (You FM, Unser Ding, Das Ding) zusammenlegen. Damit haben diese Meisterstrategen sichergestellt, dass es in Süddeutschland für junge Menschen bald nur noch kommerzielle Regionalsender geben wird – und die ARD dort keine Zukunft hat.
Schauen wir auf die Programme der Kulturradios, solange man dort noch Bemerkenswertes findet: In der »Tonspuren«-Ausgabe »Liebes Tagebuch …« besucht Hannah Balber Poetry-Slams, bei denen schmerzfreie Kandidaten um die Wette aus ihren Tagebüchern lesen (ORF 2025, Di., 16.05 Uhr, Ö 1). In der »Deep Doku« mit dem Titel »Der Filmdieb – Wie ein Hochstapler unseren Film geklaut hat« erzählen zwei Berliner Filmstudenten, wie ein Hochstapler ihnen den Film geklaut hat (RBB 2025, Ursendung, Mi., 19.05 Uhr, Sa., 16.05 Uhr, Radio 3).
Lenny Bruce war »Der Mann, der den Humor befreite«, und den die »Querköpfe« porträtieren als außergewöhnlichen Komödianten in einem Land, in dem Gute wie Böse gerne von der Bühne geschossen werden (Mi., 21.05 Uhr, DLF). Der SWR wiederholt sein Feature über »Schwarze Kanäle – Piratenradios in der DDR« (Fr., 15.05 Uhr, SWR Kultur). In der »ARD-Radiokulturnacht der Bücher« werden wieder die größten Clowns des deutschen Literaturzirkus herumhüpfen, darunter der beliebteste Hofnarr überhaupt, Gregor Gysi (Fr., 20.03 Uhr, Bayern 2, Bremen 2, HR 2 Kultur, MDR Kultur, SR Kultur).
Am Samstag abend bieten sich ein altes und ein neues Hörspiel und eine mittelalte Oper an. WDR 3 bringt »Das Parkett ein spiegelnder See«, Ursula Krechels Dienstmädchengeschichten von anno dunnemals (BR, WDR 1979, 19.04 Uhr). Eine Stunde später läuft »Das große Leid, das kleine Leben«, eine Mediensatire von Jovana Reisinger (DLF 2025, Ursendung, 20.05 Uhr, DLF, So., 18.30 Uhr, DLF Kultur). Und Deutschlandfunk Kultur präsentiert die »Operneinspielung des Jahres«, den Tschechischen Philharmonischen Chor Brno und die Cappella Aquileia unter Leitung von Marcus Bosch mit der »Giovanna d’Arco« von Giuseppe Verdi (19.05 Uhr).
»Das Orchester spielt verrückt«, und zwar in der Reihe »Klassik für Kinder« am Sonntag morgen, vorgenommen hat sich das Deutsche Symphonieorchester Stücke von Bernstein, Brahms und Tschaikowski (8.05 Uhr, Radio 3). In »Essay und Diskurs« geht die ranghöchste deutsche Bundeswehr-Soziologin Teresa Koloma Beck mit Frantz Fanon auf dünnes Eis und will mit ihm »Gewalt und Gegengewalt denken« (So., 9.30 Uhr, DLF).
So ein Fall von »Gegengewalt« aus Bundeswehr-Sicht war der Luftangriff im afghanischen Kundus im Jahr 2009, bei dem US-amerikanische Kampfjets auf deutschem Befehl hin zwei Tanklaster bombardierten und mehr als 100 Zivilisten töteten. Dieser postkoloniale Verteidigungsfall am Hindukusch hat Achim Zons zum Agententhriller »Wer die Hunde weckt (1/2)« umgestrickt (DLF 2025, Ursendung, Mo., 22.05 Uhr, DLF Kultur).
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