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Aus: Ausgabe vom 10.10.2025, Seite 7 / Ausland
Venezuela

Empörung in Bogotá

USA versenken weiteres »Drogenschmugglerboot« – diesmal ein kolumbianisches
Von Volker Hermsdorf
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Die drohende Gefahr einer militärischen Eskalation in der Karibik hat in den vergangenen Tagen weiter zugenommen. Nachdem bei den US-Angriffen auf angebliche Drogenschmuggler auch ein kolumbianisches Boot attackiert worden war, sprach Kolumbiens Präsident Gustavo Petro am Mittwoch (Ortszeit) von einem »Kriegsszenario«. Das zuletzt von den USA angegriffene Boot stamme aus Kolumbien und habe Bürger seines Landes an Bord gehabt. Bekannt ist, dass die USA bisher fünf Boote angegriffen und dabei mindestens 21 Menschen getötet haben. Petro wies auch die offizielle Begründung der USA zurück und erklärte auf X: »Es gibt keinen Krieg gegen den Drogenschmuggel, was es gibt, ist ein Krieg um das Öl.« Er machte den stellvertretenden Stabschef des Weißen Hauses, Stephen Miller, direkt für die tödlichen Angriffe verantwortlich und warnte vor einem »neuen Kriegsschauplatz« in der Karibik. »Die Aggression richtet sich gegen ganz Lateinamerika und die Karibik«, fügte er hinzu. Das Weiße Haus reagierte auf die Aussagen Petros und forderte den kolumbianischen Präsidenten auf, seine »haltlosen und verwerflichen Äußerungen« zurückzunehmen.

Zugleich scheiterte im US-Senat am Mittwoch ein Vorstoß der Demokraten, die Militäroperation in der Karibik demokratisch zu legitimieren: Die »Kriegsbefugnisresolution«, die Trump und das Weiße Haus verpflichtet hätte, für weitere Angriffe die Zustimmung des Kongresses einzuholen, wurde mit 51 gegen 48 Stimmen abgelehnt. Die Initiatoren, darunter die Senatoren Adam Schiff und Tim Kaine, warnten vor einem gefährlichen Präzedenzfall: »Wenn ein Präsident einseitig Personen oder Gruppen auf eine Liste setzen und töten kann, gibt es keine Grenze mehr für den Einsatz von Gewalt durch ihn.« Trumps Außenminister Marco Rubio hingegen verteidigte das Vorgehen und bezeichnete die Drogenkartelle als »direkte Bedrohung« für die USA.

In Venezuela schüren die – trotz der internationalen Kritik – ausgeweiteten US-Angriffe auf Schiffe und die Militärpräsenz vor der Küste die Angst vor einer Invasion. Verteidigungsminister Vladimir Padrino López beschuldigte die USA, »Spezialeinheiten einzuschleusen, um innerhalb des Staatsgebiets Störmanöver durchzuführen, das Stromnetz und die Gasversorgung zu sabotieren, die Lebensmittelverteilung zu stören und gezielte Morde zu begehen«. In den vorangegangenen Tagen hatten Überflüge von US-Kampfflugzeugen bereits Militär und Milizen in Alarmbereitschaft versetzt. Die Streitkräfte hätten den »Plan Independencia 200« aktiviert, um die operative Gefechtsfähigkeit angesichts der Bedrohung zu stärken, so Padrino López. »Wenn die Gringos angreifen, werden wir entsprechend antworten«, versicherte Präsident Nicolás Maduro am Mittwoch in Caracas. Seine Regierung kann sich dabei auf eine Mehrheit in der Bevölkerung stützen. Einer am selben Tag veröffentlichten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Hinterlaces zufolge lehnen 94 Prozent der Venezolaner eine ausländische Militärintervention ab.

Caracas sucht derweil verstärkt internationale Unterstützung. So beriet Außenminister Yván Gil laut Telesur vom Mittwoch mit dem Lateinamerikadirektor des Moskauer Außenministeriums, Alexander Schtschetinin, über die Gefahren durch eine »Militarisierung der Karibik«. Am selben Tag ratifizierte die Nationalversammlung einstimmig einen Strategiepartnerschaftsvertrag mit Russland, das Gesetz darüber unterzeichnete Präsident Nicolás Maduro. Der Vertrag sieht eine Zusammenarbeit in Schlüsselbereichen wie dem Energiesektor, der Öl- und Gasförderung und dem Bergbau sowie bei Sicherheitsfragen vor. Angesichts der Bedrohungslage und der weltweiten Veränderungen sei es »unerlässlich, die Beziehungen zwischen Caracas und Moskau weiter zu stärken«, erklärte Parlamentspräsident Jorge Rodríguez nach der Ratifizierung.

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