Gegründet 1947 Freitag, 21. November 2025, Nr. 271
Die junge Welt wird von 3063 GenossInnen herausgegeben
Aus: Ausgabe vom 07.10.2025, Seite 2 / Inland
30 Jahre LPG junge Welt eG

»Zusammen können wir Stürme überstehen«

LPG junge Welt eG sichert seit 30 Jahren ökonomisches Fundament dieser Zeitung. Feier am Dienstag in Berlin. Ein Gespräch mit Michael Sommer
Interview: Marc Bebenroth
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Der Zeitung neue Leserkreise erschließen: Das ist auch Aufgabe der Genossenschafterinnen und Genossenschafter

Quasi über Nacht musste die Finanzierung einer ebenso ad hoc zu rettenden Tageszeitung sichergestellt werden. Nachdem Monate später alle bürokratischen Hürden dafür genommen waren, entstand am 7. Oktober 1995 die LPG junge Welt eG. Welche Rolle kommt ihr nach 30 Jahren zu?

Wir haben damals nach der Neugründung des Verlags im April 1995 und der Gründung der Genossenschaft am 7. Oktober 1995 noch von der Hand in den Mund gelebt. Oft wussten wir nicht, ob die Zeitung das nächste Jahr oder den nächsten Monat übersteht. Die Mittel, die die Genossenschaft damals eingesammelt hat, gingen oft direkt in den Verlag und sicherten das Überleben. Seit 2018 steht der Verlag finanziell auf eigenen Beinen. Die Genossenschaft ist aber nach wie vor wichtig. Wir helfen bei Investitionen und unterstützen die Durchführung der jährlich stattfindenden Internationalen Rosa-Luxemburg-Konferenz. Aber wir sind auch die Hausbank für schlechte Zeiten.

Wer unsere Zeitung unterstützen möchte, hat verschiedene Möglichkeiten: von Spenden über den Kioskkauf oder ein Abonnement bis zum Zeichnen von Genossenschaftsanteilen. Welchen Unterschied macht es, wie man sich entscheidet?

Jede Unterstützung ist wichtig, auch die kleine Spende. Am wichtigsten sind und bleiben Abonnements, ob von der gedruckten oder der digitalen Ausgabe. Genossenschaftsanteile sind dann schon der nächste größere Schritt und künden von der Bereitschaft, die Zeitung einerseits mit Geld, andererseits auch als Multiplikator zu unterstützen, selbst für die Zeitung aktiv zu werden.

Mittlerweile verzeichnet die LPG mehr als 3.000 Mitglieder. Wie können diese sich einbringen?

Wie gesagt, die wichtigste Form sich einzubringen ist als Unterstützerin oder Unterstützer. Dazu kann die Bereitschaft zählen, am Stand bei der Demo unser Aktionsbüro bei der Zeitungsverteilung zu unterstützen, aber auch einfach mal ein Gespräch im Bekanntenkreis, um die jW dort bekannter zu machen. Die Mittel der Genossenschaft ermöglichen es der Redaktion, unabhängigen Journalismus zu machen. Auf diese Unabhängigkeit legen wir großen Wert. Dass wir uns für unsere Arbeit auch Kritik anhören müssen – auf der Generalversammlung oder per Zuschrift –, das versteht sich und ist auch gut so.

Für den 25. Oktober ist eine außerordentliche Generalversammlung angekündigt, die hier in Berlin stattfinden soll. Was wird auf solchen Versammlungen entschieden? Und wann finden sie regulär statt?

Die am 25. Oktober ist eine außerordentliche Generalversammlung, weil es im Sommer auf der regulären Generalversammlung nicht gelungen ist, einen neuen Aufsichtsrat zu wählen. Der bisherige musste erst einmal im Amt bleiben. Aber das sind normale Prozesse, manchmal gibt es mehrere Kandidaten, unterschiedliche Meinungen – und man kommt nicht zu einem gemeinsamen Ergebnis. Das werden wir jetzt nachholen. Auf unseren regulären Generalversammlungen berichten der Vorstand sowie die Geschäftsführungen von Verlag 8. Mai und AVZ GmbH – deren Mehrheits- bzw. Gesamteigentümer die LPG ist – über ihre Arbeit, wir diskutieren über Satzungsänderungen und stellen Projekte vor. So entsteht zum Beispiel gerade ein Film hier im Hause zu 30 Jahren LPG und Verlag 8. Mai GmbH, von dem wir beim Empfang an diesem Abend schon Ausschnitte zeigen wollen.

An diesem Dienstag soll in Berlin auf 30 Jahre Genossenschaft angestoßen werden. Was ist die wichtigste Erfahrung dieser langen Zeit für die heutige Arbeit im Genossenschaftsvorstand?

Dass wir Stürme überstehen können, wenn wir zusammenstehen. Das werden wir für die Zukunft brauchen. Die Bedingungen für eine linke, marxistische Tageszeitung werden nicht einfacher. Da ist einerseits die Branchensituation, die Taz und das ND, die dabei sind, ihre werktäglichen gedruckten Ausgaben einzusparen. Da ist aber auch die Tatsache, dass die junge Welt nun schon über Jahre hinweg vom Verfassungsschutz ausgespäht wird und die jährliche Nennung im Verfassungsschutzbericht uns Werbemöglichkeiten versaut. Dass wir uns dagegen überhaupt gerichtlich wehren können, hat auch mit dem Rückhalt durch die Genossenschaft zu tun.

Michael Sommer ist Vorsitzender des Vorstands der Linke Presse Verlags-, Förderungs- und Beteiligungsgenossenschaft junge Welt (LPG) eG

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  • Leserbrief von Beate Meetz aus Lund/Skåne län; Schweden (9. Oktober 2025 um 14:09 Uhr)
    In Europa gibt es linke Tageszeitungen als Printmedien neben der jW in Deutschland nur noch in Frankreich (L’Humanité), Italien (il manifesto), Großbritannien (Morning Star), Belgien (De Morgen), Luxemburg (Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek), Griechenland (Rizospastis) und Zypern (Haravgi).
  • Leserbrief von Peter Naumann aus Martigues / Bouches-du-Rhône (Frankreich) (8. Oktober 2025 um 22:22 Uhr)
    Zu berücksichtigen ist aber auch, dass es große deutschsprachige Bevölkerungsgemeinschaften in den Nachbarländern, so wie hier in Frankreich, gibt. Allein in meiner Stadt mit 50.000 Einwohnern an der Mittelmeerküste kenne ich viele Menschen, nicht nur Deutsche, auch Franzosen, die sich mit Deutsch problemlos verständigen können. Nur allein im Elsass und im nordöstlichen Lothringen sind es schon weit über 1,2 Millionen Menschen, mehrheitlich über 50 Jahre alt. Weitere rund 4 Millionen Franzosen beherrschen Deutsch als Fremdsprache. In Luxemburg sind es mindestens 475.00 Personen, in Italien ( v.a. Südtirol) weit über 300.000 Personen, im östlichen Belgien ca. 120.000 Menschen plus weitere 22% der Gesamtbevölkerung mit Deutsch als Fremdsprache.In den Niederlanden sind es über 100.00 Einwohner mit deutscher, österreichischer und Schweizer Staatsbürgerschaft sowie weitere 12,5 Millionen Holländer mit Deutsch als Fremdsprache (71% der Gesamtbevölkerung). In Spanien (z.B. Balearen) sprechen weit mehr als 100.00 Deutsch als Muttersprache. In Schweden (vorrangig Stockholm, Göteborg, Malmö, Småland) nach aktuellen Zahlen 80.000 als Muttersprache, hinzu kommen weitere 2,5 Millionen Schweden mit Deutsch als Fremdsprache. In Dänemark (Nordschleswig) sind es fast 30.000 plus 2,5 Millionen mit Deutsch als Fremdsprache (47% der Bevölkerung), in Polen 7 Millionen (rd. 20%) usw. Mit dem Vertrieb der jungen Welt in deutscher Sprache in den genannten Nachbarstaaten gibt es also noch gewaltige Verkaufsreserven bei potentiellen ausländischen Lesern, ggf. dann auch späteren Abonnenten. Alle genannten Zahlen stammen aus den verschiedensprachigen Wikipedia-Einträgen, Statistischen Zentralbüros der verschiedenen Länder, Auswärtiges Amt, Goethe-Büros etc.
  • Leserbrief von Wolfgang Ackermann aus Bergen (Norwegen) (7. Oktober 2025 um 15:13 Uhr)
    Herzliche Glückwünsche zum 30. Geburtstag. Wenn es die »junge Welt« nicht schon geben würde, dann müsste sie umgehend neu herausgegeben werden, denn sie ist als Tageszeitung im deutschsprachigen Raum, europa- und weltweit, heute notwendiger denn je bei dem allgemeinen Rechtstrend in immer mehr Staaten auf unserem Planeten, der immer stärkeren Gefährdung des Friedens global. Bei meinen vielen arbeitsbedingten Auslandsaufenthalten, so wie derzeit in Norwegen, wird immer wieder der Wunsch nach einer linken TAGESzeitung in Gesprächen geäußert, die wie hier zum Beispiel in allen skandinavischen Ländern durchweg nicht erscheint. Entweder fehlen sie als Printmedien gänzlich oder erscheinen nur wöchentlich bzw. monatlich. Insofern ist eine englische, französische oder auch spanische Version der Tageszeitung »junge Welt« zur Verbreitung ihres Inhalts, der Gewinnung potentieller Leser im Ausland, angeraten, überlegens- und empfehlenswert, da auch sowohl in Norwegen, Schweden wie auch in Dänemark die englische Sprache von einem hohen Prozentsatz der Bevölkerung beherrscht wird. Der mehrsprachige Print- und Online-Auftritt der »Granma« in diversen Staaten ist in dieser Hinsicht ein vorbildliches Beispiel. In diesem Sinne alles Gute und viel Erfolg, viele neue interessierte Leser über Deutschland, Österreich und die Schweiz hinaus, für mindestens die nächsten 30 Jahre und weiter mit solidarischen Grüßen aus Bergen/Norwegen.

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