Gegründet 1947 Dienstag, 7. Oktober 2025, Nr. 232
Die junge Welt wird von 3036 GenossInnen herausgegeben
Aus: Ausgabe vom 07.10.2025, Seite 2 / Inland
30 Jahre LPG junge Welt eG

»Zusammen können wir Stürme überstehen«

LPG junge Welt eG sichert seit 30 Jahren ökonomisches Fundament dieser Zeitung. Feier am Dienstag in Berlin. Ein Gespräch mit Michael Sommer
Interview: Marc Bebenroth
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Der Zeitung neue Leserkreise erschließen: Das ist auch Aufgabe der Genossenschafterinnen und Genossenschafter

Quasi über Nacht musste die Finanzierung einer ebenso ad hoc zu rettenden Tageszeitung sichergestellt werden. Nachdem Monate später alle bürokratischen Hürden dafür genommen waren, entstand am 7. Oktober 1995 die LPG junge Welt eG. Welche Rolle kommt ihr nach 30 Jahren zu?

Wir haben damals nach der Neugründung des Verlags im April 1995 und der Gründung der Genossenschaft am 7. Oktober 1995 noch von der Hand in den Mund gelebt. Oft wussten wir nicht, ob die Zeitung das nächste Jahr oder den nächsten Monat übersteht. Die Mittel, die die Genossenschaft damals eingesammelt hat, gingen oft direkt in den Verlag und sicherten das Überleben. Seit 2018 steht der Verlag finanziell auf eigenen Beinen. Die Genossenschaft ist aber nach wie vor wichtig. Wir helfen bei Investitionen und unterstützen die Durchführung der jährlich stattfindenden Internationalen Rosa-Luxemburg-Konferenz. Aber wir sind auch die Hausbank für schlechte Zeiten.

Wer unsere Zeitung unterstützen möchte, hat verschiedene Möglichkeiten: von Spenden über den Kioskkauf oder ein Abonnement bis zum Zeichnen von Genossenschaftsanteilen. Welchen Unterschied macht es, wie man sich entscheidet?

Jede Unterstützung ist wichtig, auch die kleine Spende. Am wichtigsten sind und bleiben Abonnements, ob von der gedruckten oder der digitalen Ausgabe. Genossenschaftsanteile sind dann schon der nächste größere Schritt und künden von der Bereitschaft, die Zeitung einerseits mit Geld, andererseits auch als Multiplikator zu unterstützen, selbst für die Zeitung aktiv zu werden.

Mittlerweile verzeichnet die LPG mehr als 3.000 Mitglieder. Wie können diese sich einbringen?

Wie gesagt, die wichtigste Form sich einzubringen ist als Unterstützerin oder Unterstützer. Dazu kann die Bereitschaft zählen, am Stand bei der Demo unser Aktionsbüro bei der Zeitungsverteilung zu unterstützen, aber auch einfach mal ein Gespräch im Bekanntenkreis, um die jW dort bekannter zu machen. Die Mittel der Genossenschaft ermöglichen es der Redaktion, unabhängigen Journalismus zu machen. Auf diese Unabhängigkeit legen wir großen Wert. Dass wir uns für unsere Arbeit auch Kritik anhören müssen – auf der Generalversammlung oder per Zuschrift –, das versteht sich und ist auch gut so.

Für den 25. Oktober ist eine außerordentliche Generalversammlung angekündigt, die hier in Berlin stattfinden soll. Was wird auf solchen Versammlungen entschieden? Und wann finden sie regulär statt?

Die am 25. Oktober ist eine außerordentliche Generalversammlung, weil es im Sommer auf der regulären Generalversammlung nicht gelungen ist, einen neuen Aufsichtsrat zu wählen. Der bisherige musste erst einmal im Amt bleiben. Aber das sind normale Prozesse, manchmal gibt es mehrere Kandidaten, unterschiedliche Meinungen – und man kommt nicht zu einem gemeinsamen Ergebnis. Das werden wir jetzt nachholen. Auf unseren regulären Generalversammlungen berichten der Vorstand sowie die Geschäftsführungen von Verlag 8. Mai und AVZ GmbH – deren Mehrheits- bzw. Gesamteigentümer die LPG ist – über ihre Arbeit, wir diskutieren über Satzungsänderungen und stellen Projekte vor. So entsteht zum Beispiel gerade ein Film hier im Hause zu 30 Jahren LPG und Verlag 8. Mai GmbH, von dem wir beim Empfang an diesem Abend schon Ausschnitte zeigen wollen.

An diesem Dienstag soll in Berlin auf 30 Jahre Genossenschaft angestoßen werden. Was ist die wichtigste Erfahrung dieser langen Zeit für die heutige Arbeit im Genossenschaftsvorstand?

Dass wir Stürme überstehen können, wenn wir zusammenstehen. Das werden wir für die Zukunft brauchen. Die Bedingungen für eine linke, marxistische Tageszeitung werden nicht einfacher. Da ist einerseits die Branchensituation, die Taz und das ND, die dabei sind, ihre werktäglichen gedruckten Ausgaben einzusparen. Da ist aber auch die Tatsache, dass die junge Welt nun schon über Jahre hinweg vom Verfassungsschutz ausgespäht wird und die jährliche Nennung im Verfassungsschutzbericht uns Werbemöglichkeiten versaut. Dass wir uns dagegen überhaupt gerichtlich wehren können, hat auch mit dem Rückhalt durch die Genossenschaft zu tun.

Michael Sommer ist Vorsitzender des Vorstands der Linke Presse Verlags-, Förderungs- und Beteiligungsgenossenschaft junge Welt (LPG) eG

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