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Aus: Ausgabe vom 07.10.2025, Seite 1 / Inland
»Wachstumsagenda«

Berater präsentieren Kürzungsplan

Es soll »weh tun«: Gremium übergibt »Wachstumsagenda« an Wirtschaftsministerin Katherina Reiche
Von David Maiwald
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Die »Berater« der Wirtschaftsministerin fordern weniger Sozialstaat, dafür aber »mehr Wettbewerb«

Deregulierung, weniger Sozialleistungen, längere Lebensarbeitszeit: Es war nicht unbedingt innovativ, was der »wissenschaftliche Beraterkreis« von Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) am Montag als »Wachstumsagenda« vorschlug. Das Papier der konservativen Ökonomen vereint vielmehr bekannte Annahmen der führenden kapitalnahen Wirtschaftsforscher in einem Forderungskatalog an die Ministerin. Neben der »Wirtschaftsweisen« Veronika Grimm sind in dem Gremium auch das ehemalige Mitglied des Beratergremiums, Volker Wieland, außerdem Justus Haucap vom Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie sowie Stefan Kolev, wissenschaftlicher Leiter des Ludwig-Erhard-Forums für Wirtschaft und Gesellschaft in Berlin vertreten.

Die Wirtschaftsleistung der BRD verharre auf dem Niveau von 2019, stellen die Berater in ihrem Papier eingangs fest. Das Wachstumspotential befinde sich zudem auf einem »historischen Tiefststand«. So dürfe es nun keine einzelnen Unternehmen geben, die »unverzichtbar« für die Volkswirtschaft seien, meinte etwa der Wettbewerbsökonom Haucap. Wichtig sei auch nicht, ob in Schlüsselunternehmen wie Volkswagen oder den Konzerntöchtern Fachkräfte entlassen würden, es müsse nur Branchen geben, »wo neue Arbeitsplätze entstehen«, zitierte AFP am Montag. Es müsse gelten, entlassene Beschäftigte »hin zu hochproduktiven, schnell wachsenden Unternehmen« zu leiten.

Wo die gerade zu finden sind, ist fraglich bis fragwürdig, ist es doch hierzulande vor allem die Rüstungsindustrie, die ein starkes Wachstum verzeichnet. Angesichts der gestiegenen Rüstungsausgaben der Regierung – sogenannte Verteidigungskosten – seien Sozialleistungen nicht mehr finanzierbar, meinte auch der Ex-»Weise« Wieland. Um ein dafür nötiges Wirtschaftswachstum zu erzielen, brauche es ein an die Lebenserwartung gekoppeltes Renteneintrittsalter, eine Abschaffung des Pflegegrads eins und private Vorsorge. Die Politik versuche, »Menschen nicht weh zu tun«, erklärte Grimm laut AFP – genau das sei aber nun erforderlich.

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