Rebellisches Belén
Von Giuditta Pellegrini
Belén ist das schwimmende Viertel der peruanischen Stadt Iquitos, es liegt am Itaya, einem direkten Nebenfluss des Amazonas. Seine Geschichte zeugt von einem rebellischen Geist. Die ursprüngliche Siedlung wuchs im 19. Jahrhundert im Herzen der Metropole, als Menschen aus den umliegenden Dörfern auf der Suche nach Arbeit dort hinzogen. An der Grenze zwischen Stadt und Dschungel lebend, organisierten Beléns Bewohner Anfang des 20. Jahrhunderts Demonstrationen und Streiks, um Steuererleichterungen und bessere Arbeitsbedingungen zu fordern. Mit der wirtschaftlichen Entwicklung von Iquitos, die zunächst mit der Kautschukproduktion und dann, in den 1970er Jahren, mit der Ölindustrie verbunden war, wuchs die Siedlung. Heute leben dort rund 70.000 Menschen.

Kaum ein Haus verfügt über fließendes Wasser, Strom oder Kanalisation. In jüngster Zeit wurde die Bevölkerung, die buchstäblich in Symbiose mit dem Fluss lebt, durch Bergbauaktivitäten am Amazonas und den Klimawandel beeinträchtigt. So gab es beispielsweise 2024 eine große Dürre und außergewöhnliche Überschwemmungen, die das Gebiet im April heimsuchten und durch die das Risiko größer wurde, an Dengue-Fieber, Malaria und anderen Infektionskrankheiten zu erkranken.

Ein Brand, der 2012 durch die Explosion einer Gasflasche verursacht wurde und mehrere Häuser beschädigte, veranlasste die lokalen Behörden, auf dem Festland eine Siedlung mit Fertighäusern zu errichten. In die »Ciudad Nueva de Belén« sollen 2.400 Familien umgesiedelt werden, die laut Zentralregierung »in einem Hochrisikogebiet leben, in dem die Lage nicht verbessert werden kann«.

Rosendo ist Experte für die Tierwelt des Amazonasgebiets und bessert sein Einkommen durch das Begleiten der wenigen Besucher des halb versunkenen Stadtviertels Belén auf. Er erklärt uns bei einer Führung, dass viele der ursprünglichen Bewohner, die sich in der Neubausiedlung niedergelassen hatten, in ihre schwimmenden Häuser zurückgekehrt sind: »Weil es keine Arbeit, keine Schulen und keine Dienstleistungen gibt. Die Verbindung zur Stadt ist schlecht.«

Die Forscherin Sharo Evangelina Lopez Javier hat in ihrer Studie zur »neuen Stadt Belén« hervorgehoben, dass diese Art von Intervention wie Kahlschlag wirkt. »Soziale Netzwerke, Zugang zu Beschäftigung und andere Möglichkeiten« blieben unberücksichtigt, während »die Bevölkerung, die das Leiden unter den Umweltbedingungen als Normalität akzeptiert hat, versucht, Widerstand zu leisten und nach neuen Wegen sucht, um besser zu leben«.

Tageszeitung junge Welt am Kiosk
Die besonderen Berichterstattung der Tageszeitung junge Welt ist immer wieder interessant und von hohem Nutzwert für ihre Leserinnen und Leser. Eine gesicherte Verbreitung wollen wir so gut es geht gewährleisten: Digital, aber auch gedruckt. Deswegen liegt in vielen tausend Einzelhandelsgeschäften die Zeitung aus. Überzeugen Sie sich einmal von der Qualität der Printausgabe.
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
Ähnliche:
- Wagner Santana/REUTERS16.08.2025
Beléms teure Betten
- Ueslei Marcelino/REUTERS19.07.2025
Kongress killt Klimaschutz
- Bruno Kelly/REUTERS09.11.2024
Amazonas verdurstet
Regio:
Mehr aus: Wochenendbeilage
-
»Die Alternativen sind über die Jahre verschwunden«
vom 04.10.2025 -
Revolution auf dem Land
vom 04.10.2025 -
Schlechte Laune
vom 04.10.2025 -
Der letzte Weg des Walter B.
vom 04.10.2025 -
Maronen-Risotto
vom 04.10.2025 -
Kreuzworträtsel
vom 04.10.2025