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Aus: Ausgabe vom 12.09.2025, Seite 5 / Inland
Nachwuchs und Beruf

Kitagebühren durch die Hintertür

Planungspapier zu Kitagesetz in NRW sieht neue Gebühren vor. Personalschlüssel weiter aufgeweicht
Von Luca von Ludwig
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Ursprünglich sollten drei Kitajahre gebührenfrei sein, neue Pläne weisen in die entgegengesetzte Richtung

Die Daseinsfürsorge wird von den Menschen, so glaubt mancher Politiker, überhaupt nur deshalb genutzt, weil sie »gratis« ist. Eine Meinung, die sich auch in Nordrhein-Westfalen hartnäckig zu halten scheint. Dort könnten die Kitagebühren, die für einige Kindergartenjahre eigentlich ganz ausgesetzt sein sollten, teilweise wiedereingeführt werden. Das geht aus einem internen Planungspapier zwischen Land, Kommunen und Trägern hervor, über das am Mittwoch die Westdeutsche Allgemeine Zeitung berichtete.

Das Papier sieht vor, dass die Wochenbetreuungszeiten von den Eltern ab 25 Stunden in Fünfstundenschritten »dazugebucht« werden sollen. Und auch für die letzten beiden Jahre vor der Einschulung, die aktuell beitragsbefreit sind, »werden die Kommunen ermächtigt, für eine über 35 Stunden je Woche hinausgehende Betreuung moderate Beiträge im Rahmen der Leistungsfähigkeit der Eltern zu erheben«. So sollen Maximalbuchungen der Kitazeiten verhindert werden, die Eltern angeblich in Anspruch nehmen würden, »lediglich weil sie kostenlos sind«.

Im Koalitionsvertrag von 2022 hatte die »schwarz-grüne« Landesregierung noch versprochen, bis 2027 ein weiteres kostenfreies Kitajahr einzuführen. Als »dreisten Wahlbetrug« bezeichnete Amid Rabieh, Landesvorsitzender des BSW im Bundesland, die Vereinbarung vor diesem Hintergrund am Donnerstag. Die Pläne seien ein »Frontalangriff auf berufstätige Familien«, welche schließlich auf eine umfangreiche Versorgung angewiesen seien. Die Enthüllungen kommen kurz vor den Kommunalwahlen und nur eine Woche, bevor in NRW der Landeshaushalt beschlossen wird. Das zuständige Familienministerium äußerte sich auf jW-Anfrage weder zur Konkretheit der Pläne noch zu den möglichen sozialen Folgen der Vorstöße.

Ein »Dazubuchungsmodell« würde offenkundig finanziell schwache Eltern – die nicht selten ohnehin schon in Jobs mit schlechteren Arbeitszeiten und diversen Extrabelastungen arbeiten – besonders hart treffen. Aber auch ungeachtet des individuell-familiären Wohlstandes sehen die Pläne eine qualitative Verschlechterung des Kitaangebotes vor. So sollen »Kern- und Randzeiten« eingeführt werden, womit letztere die Phase des Holens und Bringens der Kinder bezeichnen. In diesen Zeiten soll es zulässig werden, die Kinderbetreuung an Hilfs- und Ergänzungskräfte auszulagern. Schon Ende letzten Jahres war eine Personalverordnung in Kraft getreten, die erlaubt, dass bei Personalmangel einer einzigen Fachkraft die Betreuung von bis zu 60 Kindern zukommen kann.

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