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Aus: Ausgabe vom 02.09.2025, Seite 1 / Ausland
Multipolarität

Gegen westliche Dominanz

Abschluss des Gipfeltreffens der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit
Von Jörg Kronauer
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Chinas Präsident Xi Jinping am Montag auf dem Gipfeltreffen in Tianjin

Mit kaum verklausulierten Aufrufen, der westlichen Dominanz ein Ende zu setzen, ist am Montag in der nordchinesischen Hafenstadt Tianjin das diesjährige Gipfeltreffen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) zu Ende gegangen. Chinas Präsident Xi Jinping sprach sich auf dem Treffen für »eine gleiche und geordnete multipolare Welt« aus und dafür, »die Gestaltung der Welt gerechter und ausgewogener zu machen«. Russlands Präsident Wladimir Putin plädierte für ein »neues System« der Sicherheit in »Eurasien«, das in Zukunft »die überkommenen eurozentrischen und euroatlantischen Modelle ersetzen« solle. Versuche, die eigene Sicherheit »auf Kosten anderer« zu gewährleisten, sollten nicht mehr zulässig sein, forderte Putin. In seiner Ansprache auf dem Gipfel stufte er »die beständigen Versuche des Westens, die Ukraine in die NATO zu zerren« – dies auf Kosten von Russlands Sicherheit –, als zentralen Grund für den Ukraine-Krieg ein.

Die zehn Mitglieder der SOZ – China, Russland, Indien, Pakistan, Iran, Belarus sowie vier Staaten Zentralasiens – verabschiedeten auf ihrem Gipfel eine »Erklärung von Tianjin«, eine Entwicklungsstrategie für die SOZ bis 2035 sowie eine Reihe weiterer Dokumente. Spezielle Aufmerksamkeit erhielten zudem allerlei bilaterale Treffen. So kam Indiens Premierminister Narendra Modi mit Xi zusammen, um einen Ausbau der Kooperation zu besprechen – eine Folge der 50-Prozent-Zölle, die die Trump-Administration gegen Indien verhängt hat; sie zwingen das Land dazu, sich zu unterwerfen oder alternative Kooperationspartner zu suchen. Modi erteilte zudem mit demonstrativer Nähe zu Putin Trumps Forderung, Indien solle seine Beziehungen zu Russland kappen, eine offene Abfuhr. Auf einem »exzellenten Treffen« mit Putin habe er den Ausbau der Zusammenarbeit »auf allen Sektoren« ins Visier genommen, teilte er mit: vom Handel über die Raumfahrt bis hin zur Rüstung. Weitere Gespräche gab es mit einigen Staats- und Regierungschefs der 16 Länder, die bei der SOZ Beobachterstatus haben oder als Dialogpartner firmieren, darunter der Präsident der Türkei, Recep Tayyip Erdoğan.

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  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (2. September 2025 um 10:45 Uhr)
    Die KP-China zelebriert SOZ-Gipfel als Hochamt in Tianjin und zeigte sich einmal mehr, wie selbstbewusst sich die chinesische Führung als Gegenpol zum Westen inszeniert. Narendra Modi (Indien), Wladimir Putin (Russland), Massud Peseschkian (Iran) und Shehbaz Sharif (Pakistan) waren eigens angereist, um der aufstrebenden Weltmacht des Ostens die Aufwartung zu machen. In einer Zeit globaler Turbulenzen und Transformationen hat die SOZ ihre Vitalität und Anziehungskraft unter Beweis gestellt. Der Gipfel in Tianjin war nicht nur ein bedeutendes Treffen von Staats- und Regierungschefs, sondern auch ein sichtbares Zeichen dafür, warum die Organisation weiter gedeiht und als Motor für den gemeinsamen Fortschritt verschiedener Länder gilt. China präsentiert sich dabei als Vertreter einer »multipolaren Weltordnung«, die ausdrücklich auch die Interessen des Globalen Südens einschließt. In seiner Abschlussrede wandte sich Xi Jinping wiederholt gegen Hegemonialstreben und eine Mentalität des Kalten Krieges. Das SCO-Treffen sei, so Xi, »eine Quelle des Friedens – genau das, was die Menschheit braucht«.

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