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Aus: Ausgabe vom 02.09.2025, Seite 7 / Ausland
Gaza

Ikone im Visier

Gaza: Israel gibt an, langjährigen Hamas-Sprecher getötet zu haben.
Von Gerrit Hoekman
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Verehrung Abu Obeidas in einem palästinensischen Flüchtlingscamp in Libanon (Beirut, 2.9.2024)

Bei einem gezielten israelischen Luftangriff auf ein mehrstöckiges Wohnhaus in Gaza-Stadt soll am Sonnabend Abu Obeida, der langjährige Sprecher der Al-Kassam-Brigaden, dem bewaffneten Arm der Hamas, getötet worden sein. Das behauptet der israelische Verteidigungsminister Israel Katz am Sonntag auf dem Kurznachrichtendienst X. Katz gratulierte der israelischen Armee und dem Inlandsgeheimdienst Schin Bet zu der »perfekten Ausführung«.

Die »perfekte Ausführung« tötete mindestens 17 Zivilisten, darunter zahlreiche Kinder, berichtete die New York Times unter Berufung auf palästinensische Hilfskräfte. Auf einem Video, das der arabische Sender Al-Dschasira verbreitete, sind blutende Menschen zu sehen und weinende Kinder zu hören. Laut dem britischen Sender BBC schlugen fünf Raketen in die zweite und dritte Etage des Gebäudes ein, in dem Israel den ikonischen Sprecher vermutete. Es liegt im dicht bevölkerten Stadtteil Ar-Rimal.

Ob sich Abu Obeida, der mit bürgerlichem Namen Husaifa Al-Kahlut heißt, unter den Toten befindet, war am Montag noch immer unklar. Weder die Kassam-Brigaden noch die Hamas hatten den Tod bis dahin bestätigt. Die palästinensische Organisation veröffentlichte unmittelbar eine Mitteilung, in der sie erklärte, Gerüchte über Obeidas Ableben seien Teil der psychologischen Kriegführung Israels. Die Bevölkerung wurde aufgerufen, das Gerücht nicht weiter zu verbreiten. Die libanesische Tageszeitung An-Nahar vermutete am Montag aber, dass die offizielle Bestätigung durch die Hamas nur eine Frage der Zeit sei. Der saudiarabische TV-Sender Al-Arabija wollte bereits am Sonntag von einer Quelle in Gaza erfahren haben, dass Hamas-Funktionäre und Familienangehörige Obeidas Tod inoffiziell bestätigt hätten. Bei dem Angriff seien alle Bewohner und Gäste, die sich zu dem Zeitpunkt in der Wohnung befanden, getötet worden.

Aufgrund seiner Funktion als Sprecher der Kassam-Brigaden gehört der in Gaza geborene 40jährige Obeida zu den prominenten Vertretern der Organisation. Sein Gesicht kennen indes nur wenige, weil er wie alle Mitglieder der Kassam-Brigaden in der Öffentlichkeit stets mit einer Kufija vermummt auftritt. Er soll seit 2007 als Sprecher tätig sein, andere Quellen sagen seit 2004. »Seine aufgezeichneten Erklärungen werden oft in Momenten der Eskalation oder nach größeren Operationen ausgestrahlt und mit fester Stimme und gemäßigtem Ton vorgetragen«, schrieb die libanesische Tageszeitung An-Nahar. Am Freitag wurde seine möglicherweise letzte Rede veröffentlicht. Darin verurteilte Obeida in aller Deutlichkeit »das Schweigen« der Führer der islamischen und arabischen Welt, die »mit dem Blut von Zehntausenden unschuldiger Menschen belastet« seien. Weiter erklärte er, dass die Hamas-Kämpfer sich »so gut wie möglich um die Gefangenen kümmern«, sie jedoch denselben Risiken und Lebensbedingungen wie die Kassam-Kämpfer ausgesetzt seien.

Israels Stabschef Eyal Zamir, kündigte unterdessen laut Times of Israel weitere Anschläge an: »Der Großteil der verbliebenen Führungsriege der Hamas befindet sich im Ausland, und wir werden auch sie erreichen.« Natürlich immer mit der vorgeblichen Maßgabe, ziviles Leben schützen zu wollen.

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