Geschäft mit Völkermord
Von Jakob Reimann
Ein unmoralisches Angebot: 5.000 US-Dollar bar auf die Hand für jede Person, die »freiwillig« aus dem Gazastreifen verschwindet. Das sieht ein innerhalb der Trump-Regierung kursierender Plan für die Zeit nach dem israelischen Vernichtungskrieg in Gaza vor, über den die Washington Post am Sonntag (Ortszeit) exklusiv berichtete. Zusätzlich zu der umgerechnet rund 4.270 Euro starken Finanzspritze sollen den ins Ausland umgesiedelten Personen vier Jahre lang die Miete und ein Jahr lang die Lebensmittel bezahlt werden. Der Gazastreifen soll für mindestens zehn Jahre unter US-Treuhandverwaltung gestellt und das nahezu vollständig zerstörte Gebiet in dieser Zeit in ein luxuriöses Tourismusparadies sowie ein Technologie- und Industriezentrum verwandelt werden, samt »smarten« Fabriken für US-Elektroautos und Datenzentren. Wer sich nicht »freiwillig« vertreiben lässt, soll per Zwang in militärisch abgeriegelte Sperrzonen interniert werden. So oder so: Es wird ausdrücklich die vollständige »Umsiedlung« der über zwei Millionen Palästinenser geplant. Das 38seitige Papier ist mit allerlei KI-generierten Bildern einer futuristischen Stadt aufgehübscht, und in den Abschnitten zu privaten Investments finden sich die Logos einer Vielzahl internationaler Konzerne, darunter die der Saudi Binladin Group, von IKEA, Tesla oder Amazon Web Services. Das offensichtlich völkerrechtswidrige Projekt soll weder über US-Steuergelder noch Spenden finanziert, sondern als profitgetriebenes Investorenmodell angelegt werden. Investoren verspricht man satte Renditen von dreihundert Prozent in zehn Jahren.
Unterdessen stellte die weltweit führende Vereinigung von Genozidforschern in einer am Montag vorgestellten Resolution fest, dass Israels Handeln in Gaza die rechtlichen Kriterien von Völkermord nach der UN-Konvention von 1948 erfüllt, meldete Reuters. Demnach hätten 86 Prozent der 500 Mitglieder der Internationalen Vereinigung der Völkermordforscher (IAGS) der Resolution zugestimmt. In der Erklärung wurde Israel aufgefordert, alle Akte des Völkermords, von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschheit sofort einzustellen – darunter auch Hunger als Waffe, sexualisierte Gewalt und Zwangsvertreibungen. Israels Außenministerium reagierte erwartbar und erklärte, die Resolution »basiert vollständig auf der Lügenkampagne der Hamas«; man verteidige sich schließlich selbst. IAGS-Präsidentin Melanie O’Brien konterte, es gebe keine Rechtfertigung für Völkermord. Die Resolution reiht sich ein in den lauter werdenden Chor internationaler Stimmen, die den Gazakrieg als Völkermord bewerten und ein Handeln der Weltgemeinschaft fordern. Israels Vernichtungskrieg gegen die Bevölkerung in Gaza wird seit Dezember 2023 am Internationalen Gerichtshof wegen möglichen Verstoßes gegen die UN-Völkermordkonvention verhandelt. Einzig Deutschland, gegen das wegen möglicher Komplizenschaft am selben Gericht verhandelt wird, springt dem Land juristisch bei.
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