Gegründet 1947 Montag, 18. August 2025, Nr. 190
Die junge Welt wird von 3019 GenossInnen herausgegeben
Aus: Ausgabe vom 12.08.2025, Seite 7 / Ausland
Bosnien und Herzegowina

Cheflobbyist vor Absetzung

Bosnien und Herzegowina: Präsident der serbischen Teilrepublik wehrt sich gegen Amtsenthebung
Von Slavko Stilinović
gui.JPG
Besuch zum Tag des Sieges über den Faschismus: Milorad Dodik auf dem Roten Platz in Moskau (9.5.2025)

Milorad Dodik, der Präsident der Republika Srpska (RS), hat am Sonntag erneut öffentliche Aufmerksamkeit auf sich gezogen, diesmal mit Äußerungen im öffentlichen Rundfunk RTRS des bosnischen Teilstaats. Im Fernsehinterview behauptete Dodik, die RS könnte Thema des Treffens zwischen US-Präsident Donald Trump und seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin am kommenden Freitag werden. Er fügte hinzu, dass die Lage in der RS nicht nur in Moskau und Washington, sondern auch in Beijing auf der Agenda stehe. »Die Republika Srpska wird niemals wieder nur am Rande auf solch globalen Foren erwähnt werden«, sagte Dodik und betonte seine Bemühungen sowie die seiner Mitarbeiter, internationale Lobbyarbeit für die RS zu leisten.

Anfang des Monats war Dodik zu einer Geldstrafe von umgerechnet circa 18.000 Euro verurteilt worden – anstelle einer einjährigen Freiheitsstrafe wegen Missachtung der Entscheidungen des Hohen Vertreters, der in Bosnien und Herzegowina (BiH) über die Umsetzung des Dayton-Abkommens von 1995 wachen soll. Die Zentrale Wahlkommission (CIK) entzog Dodik zudem in der vergangenen Woche das Amt des Präsidenten der RS. Sein Anwaltsteam legte allerdings beim Berufungssenat des Staatsgerichts von BiH Beschwerde ein, wodurch Dodik nun Schutz erwartet, obwohl er die Institution ansonsten nicht anerkennt.

Die Berufungsstelle hat die Beschwerde von Dodiks Verteidigung gegen die Entscheidung der CIK jedoch noch gar nicht erhalten. Diese wird erst dann rechtskräftig, wenn sie von der Berufungsabteilung bestätigt wurde. Dodiks Verteidigung, angeführt vom Anwalt Goran Bubić, hatte eine gesetzliche Frist von zwei Tagen. Doch bisher liegt kein Hinweis vor, dass die Beschwerde eingegangen ist. Diese Verzögerung kann auf administrative Hindernisse oder das mögliche Ausbleiben der Beschwerde zurückzuführen sein. Dodik hat zudem das Verfassungsgericht von BiH gebeten, eine Aussetzung des Strafverfahrens gegen ihn zu verfügen, obwohl viele Juristen dies als unbegründet ansehen. Nach dem rechtskräftigen Entzug seines Mandats wird Dodik für sechs Jahre keine politischen Ämter ausüben können, was er als den schwerwiegendsten Teil des Urteils bezeichnet.

Für Empörung sorgte eine Bemerkung Dodiks in dem RTRS-Interview vom Sonntag. Darin bezeichnete er den britischen Außenminister David Lammy als »Schwarzen«, als ob es keine schwarzen Briten gäbe. Dessen bosnischer Amtskollege Elmedin Konaković verurteilte die Worte als »schändlichen rassistischen Angriff« und bezeichnete Dodik als Nationalisten, Faschisten und politischen Verbündeten Russlands. Parallel zu solchen Medienauftritten betreibt Dodik Lobbyarbeit in den USA, unter anderem mit Unterstützung des ehemaligen demokratischen Gouverneurs von Illinois, Rod Blagojevich. Die Lobbyarbeit ist jedoch oft von falschen Behauptungen begleitet, etwa dass Dodik aus religiösen Gründen verurteilt worden sei. Dodik und die Behörden der RS bestreiten seit Jahren die Zuständigkeit des Staates BiH für natürliche Ressourcen und unbewegliches Eigentum, obwohl das Verfassungsgericht von BiH mehrfach Gesetze der RS, die sich auf diese Ressourcen beziehen, aufgehoben hat.

Die EU-Kommission und US-Beamte, darunter US-Außenminister Marco Rubio, erklärten vergangene Woche, Dodiks Handeln gefährde die Sicherheit BiHs, und forderten die Behörden der RS auf, das Urteil des Staatsgerichts sowie die Entscheidung der CIK zu respektieren. Die EU betonte, dass jede Untergrabung der Souveränität und der verfassungsmäßigen Ordnung BiHs schwerwiegende Konsequenzen haben könne. Als Notbremse hat Dodik ein Referendum über sein politisches Schicksal angekündigt und behauptet, »das Volk« werde über sein Ende entscheiden. Rechtsexperten weisen jedoch darauf hin, dass ein solches Referendum keine rechtliche Grundlage habe und entsprechend keine Wirkung entfalten könne. Doch Dodik setzt unbeirrt seine politische Kampagne und Rhetorik fort, die die politischen Spaltungen in dem ohnehin fragilen Balkanstaat weiter vertiefen.

75 für 75

Mit der Tageszeitung junge Welt täglich bestens mit marxistisch orientierter Lektüre ausgerüstet – für die Liegewiese im Stadtbad oder den Besuch im Eiscafé um die Ecke. Unser sommerliches Angebot für Sie: 75 Ausgaben der Tageszeitung junge Welt für 75 Euro.

 

links & bündig gegen rechte Bünde

Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.

Ähnliche:

Mehr aus: Ausland

                                                                 Aktionsabo: 75 Ausgaben für 75 Euro