Schulterschluss mit Dodik
Von Slavko Stilinović
Milorad Dodik, Präsident der Republika Srpska (RS), steht am Sonntag im serbischen Sremski Karlovci vor Anhängern und vergleicht sich selbst mit den wegen Kriegsverbrechen verurteilten Radovan Karadžić und Ratko Mladić. »Sie wollen mich brechen, so wie sie unsere Helden gebrochen haben«, ruft er. Aleksandar Vučić steht demonstrativ an seiner Seite. Zuvor hatte der serbische Präsident bereits bekanntgegeben, das Hafturteil gegen Dodik nicht anzuerkennen. Die Botschaft ist unmissverständlich: Das rechtskräftige Urteil des bosnischen Staates wird nicht nur ignoriert, sondern als Angriff auf »alle Serben« gedeutet. Ein Berufungsgericht hatte am Freitag Dodiks Verurteilung zu einer einjährigen Haftstrafe und sechs Jahren Politikverbot wegen »Missachtung des Hohen Repräsentanten« bestätigt und eine Berufung ausgeschlossen.
Die zentrale Wahlkommission Bosnien und Herzegowinas (BiH) wird voraussichtlich am Mittwoch Dodiks Amtsenthebung formalisieren. Doch die Regierung der serbischen Teilrepublik RS dürfte diese als »illegitim« zurückweisen. Dodiks SNSD-Partei mobilisiert ihre Anhänger und spricht von einem »Putschversuch Sarajevos«. Die RS werde mit Unterstützung aus Belgrad bei einem Durchgreifen der Wahlkommission offen mit den bosnischen Institutionen brechen, so die Drohung. Für Dodik ist das Urteil gegen ihn politisch motiviert und Folge einer Kampagne des Westens. Er verweist auf den von USA und EU installierten Hohen Repräsentanten Christian Schmidt (CSU). Dieser hat weitreichende Befugnisse, einschließlich der Möglichkeit, Gesetze zu erlassen oder Amtsträger zu entlassen – was Dodik seit Jahren kritisiert. Vučić spielt derweil wie gewohnt ein doppeltes Spiel. Nach außen gibt er sich als verlässlicher Partner des Westens, gleichzeitig lehnt er jegliche Zusammenarbeit mit der bosnischen Justiz ab.
Dodik und Vučić propagieren seit Jahren eine informelle Allianz zwischen Serbien, der RS und serbischen Minderheiten in der Region. Doch diese »serbische Welt« gerät zunehmend ins Wanken. In Montenegro wurde Milojko Spajićs proserbische Regierung durch Proteste zum Rücktritt gezwungen, und auch in der RS formiert sich etwa von studentischer Seite Widerstand gegen Dodik. Das Urteil gegen ihn könnte zum Beschleuniger des Zerfalls dieser »serbischen« Vision werden, es sei denn, Belgrad gelingt es, den Konflikt auf die internationale Bühne zu heben. Genau das scheint Vučić nun zu bezwecken. Durch die Interpretation des Urteils als Angriff auf alle Serben lenkt er zudem von innenpolitischen Problemen ab, etwa den Protesten gegen seine eigene Regierung, und kann sich vor Wählern und Verbündeten als »Beschützer der Serben« inszenieren.
Während sich die Lage zuspitzt, scheint die EU unentschlossen: Zwar unterstützt sie das Urteil formal, doch Zwangsmaßnahmen wie etwa die von Deutschland im April geforderten Sanktionen gegen RS-Funktionäre hat sie nicht beschlossen. Das liegt womöglich an der Sorge, zuviel Druck auf die RS könnte die »serbische Welt« weiter in die Arme Russlands und Chinas treiben.
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