Deportationsdeals unter Despoten
Von Christian Selz, Kapstadt
Die Regierung der USA weitet ihre Politik der Deportationen in Drittländer aus. Wie die Regierungssprecherin Ruandas, Yolande Makolo, am Montag gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters bestätigte, hat Washington mit dem ostafrikanischen Land ein Abkommen über die Aufnahme von zunächst bis zu 250 aus den USA abgeschobenen Menschen geschlossen. Die Vereinbarung, nach der Ruandas Behörden der Aufnahme jedes einzelnen Deportierten zustimmen müssen, sei demnach bereits im Juni getroffen worden. Bisher liege seitens der USA eine Liste von zehn Personen zur Prüfung vor.
Ruanda ist damit das dritte afrikanische Land, in das die USA Menschen aus anderen Staaten abschieben wollen. Im Juli hatte die Regierung von US-Präsident Donald Trump fünf zuvor in den USA Inhaftierte nach Eswatini sowie acht weitere nach Südsudan deportiert. Gemein haben sämtliche involvierte Staaten, dass die Wahrung von Menschenrechten nicht gesichert ist. Für die USA lieferte die stellvertretende Ministerin für Homeland Security, Tricia McLaughlin, den Nachweis dafür gleich einmal mehr mit, als sie eine X-Nachricht über die Deportation von fünf Menschen, Staatsbürgern Vietnams, Jamaikas, Laos', Kubas bzw. Jemens, nicht nur mit Fotos der Inhaftierten garnierte, sondern diese auch noch als »verkommene Monster« und »derart barbarisch, dass ihre Heimatländer sich weigern, sie zurückzunehmen« beschimpfte.
Das kleine Gebirgsland Eswatini, in dem die Männer nun – nach den eigenen Gesetzen rechtswidrig, weil nicht vor einem lokalen Gericht verurteilt – inhaftiert sind, ist eine absolute Monarchie, in der der Regent Mswati III. erst 2021 Dutzende Protestierende erschießen ließ, um seine Macht zu sichern. Sämtliche Parteien und Gewerkschaften sind in dem zwischen Südafrika und Mosambik gelegenen Land verboten. Die prodemokratische Opposition ließ es sich dennoch nicht nehmen, den Deal mit Trump nun dafür zu kritisieren, dass durch die Aufnahme von Straftätern die Sicherheit der Menschen in Eswatini gefährdet werde. »Die US-Regierung sieht uns als Müllkippe für Kriminelle«, sagte der Vizepräsident des verbotenen People’s United Democratic Movement (Pudemo), Wandile Dludlu, Ende Juli dem englischsprachigen Kanal von Al-Dschasira. Er wies zudem darauf hin, dass die Gefängnisse des Landes ohnehin überfüllt seien, laut einer dort zitierten Studie zu 170 Prozent.
Während der Südsudan den Vereinten Nationen als gescheiterter Staat gilt, dessen Bevölkerung zusätzlich zu bewaffneten Konflikten seit 2017 unter einer Hungersnot leidet, hat sich Ruanda nach dem Genozid an den Tutsi 1994 zumindest ökonomisch und sicherheitspolitisch zu einer stabilen Nation mit relativ hohem Wohlstand entwickelt. Regiert wird das Land jedoch seit der Zerschlagung des Völkermordregimes noch immer vom damaligen Tutsi-Rebellenchef Paul Kagame, dessen Geheimdienst im Ruf steht, Dissidenten auch im Ausland zu töten. Die ökonomische Prosperität des Landes beruht zudem auch auf dem Handel mit Rohstoffen aus der benachbarten Demokratischen Republik (DR) Kongo. Der menschenunwürdige Abbau wird von Terrormilizen wie der »M 23« kontrolliert, die laut UN-Experten von Ruanda finanziert, ausgerüstet und gesteuert werden. Das Regime in Kigali, das beste Beziehungen zu Frankreich, den USA und Israel unterhält, hatte die DR Kongo zudem auch mit regulären Truppen überfallen. Zuletzt hatte die US-Regierung einen Waffenstillstand vermittelt und zugleich US-Unternehmen den Zugriff auf die Rohstoffe der DR Kongo gesichert.
Dieses transaktionale Denken prägt auch die Deportationsabkommen, die Washington mit afrikanischen Staaten abgeschlossen hat und noch mit weiteren – Trump empfing im Juli zu entsprechenden Gesprächen Delegationen aus Senegal, Guinea-Bissau, Mauretanien, Liberia und Gabun im Weißen Haus – abschließen will. Für das Trump-Regime liegt der Gewinn angesichts der kleinen Zahlen von Deportierten derzeit vor allem in der Symbolpolitik für die eigenen konservativen bis extrem rechten Unterstützer. Die aufnehmenden Staaten erhoffen sich vom Despoten aus Washington im Gegenzug eine wohlwollende Behandlung etwa bei der Verhängung von Zöllen und dürften zudem finanziell von den Deportationen profitieren. Details zu den Deals werden aber von keiner Seite veröffentlicht.
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