Rohstoffabkommen Nummer zwei
Von Bernard Schmid
Lässt Washington etwa Ruanda fallen und unterstützt es nicht weiter in seiner Rolle als Besatzungsmacht im Osten der benachbarten Demokratischen Republik (DR) Kongo? Noch am 8. April klang es nicht so. Als der US-Sondergesandte für Afrika, Massad Boulos, bei einem Aufenthalt in der ruandischen Hauptstadt Kigali danach gefragt wurde, ob seine Regierung sich für einen Rückzug Ruandas aus dem Ostkongo oder ein Ende von dessen Unterstützung der Miliz »M 23«, der Bewegung des 23. März, einsetze, antwortete er ausweichend: »Wir sind nicht in diese Details involviert.« Ganz anders sah es dann jedoch am Donnerstag aus. Da forderte er auf einer Pressekonferenz: »Die Position der USA lautet, dass die ›M 23‹ die Waffen niederlegen muss.« Ruanda müsse »jegliche Unterstützung für die ›M 23‹ einstellen« und sich aus dem Osten der DR Kongo »zurückziehen«.
Ein Schelm, wer daran denkt, dass hinter diesem scheinbaren Gesinnungswandel die Verhandlungen über ein Rohstoffabkommen zwischen den USA und der kongolesischen Regierung stecken könnten. Dabei macht Emissär Boulos – er reiste vom 2. bis zum 9. April durch die Staaten DR Kongo, Ruanda, Uganda und Kenia – gar kein Geheimnis daraus. So auch auf einer Pressekonferenz am Gründonnerstag: Dort sprach er sich für die Unterzeichnung eines solchen Abkommens zwischen Washington und Kinshasa aus. Ein solches hatte der kongolesische Präsident Félix Thisekedi mehrmals vorgeschlagen, unter anderem in Interviews mit Fox News und der französischen Tageszeitung Le Figaro vom 20. März.
Bislang beuten verschiedene Akteure die Rohstoffe Kongos eher über einen Zugang zum Osten des Landes aus, mit Hilfe Ruandas, das auf den Weltmärkten sehr aktiv auftritt. Das ist auch der Hintergrund der Offensive der von Ruanda unterstützten Miliz »M 23«. Sie hat seit Anfang des Jahres erhebliche Teile des rohstoffreichen Ostens des Landes eingenommen. Erst jüngst klagte die Nichtregierungsorganisation Global Witness in einem Bericht vom 15. April die in Luxemburg ansässige EU-Rohstofffirma Traxys an, im vorigen Jahr 280 Tonnen Kobalt aus der Konfliktzone im östlichen Kongo über Ruanda erworben zu haben. Ähnliche Vorwürfe hatte sie gegen Traxys schon in den Jahren 2022 und 2023 erhoben.
Auf regionaler und internationaler Ebene fanden in den vergangenen Wochen eine Reihe von Vermittlungsbemühungen im Konflikt zwischen der »M 23« und Ruanda einerseits und der kongolesischen Regierung anderseits statt – bislang jedoch ohne Erfolg. Im Namen der Afrikanischen Union (AU) hatte sich zunächst der seit 2017 amtierende Präsident Angolas, João Lourenço, als Vermittler betätigt. Kurz vor den Gesprächen Mitte März sagte die »M 23« jedoch ab. Seit vergangenen Sonntag bemüht sich der Präsident des westafrikanischen Togo, Faure Gnassingbé, als Vermittler. Sein Land ist vom Konfliktschauplatz zwar relativ weit entfernt – Angola hat immerhin eine gemeinsame Grenze mit der DR Kongo –, doch unterhält er im Unterschied zu seinem Amtskollegen in Luanda auch gute Beziehungen zum starken Mann Ruandas, Paul Kagamé. Auch in Katar finden Verhandlungen statt, über die jedoch wenig an die Öffentlichkeit gelangt ist.
Gleichzeitig drohte die »M 23« am vergangenen Donnerstag mit einer Wiederaufnahme ihrer militärischen Offensive an den eingefrorenen Fronten. Zwei Tage darauf kam es zu Angriffen auf »M 23«-Stellungen in Goma. Bei anschließenden Kämpfen in der Stadt wurden laut vorläufigen Angaben 52 Menschen getötet. Die Regierungsarmee FARDC dementierte, den Kampf eröffnet zu haben, schließlich bekannte sich jedoch die mit ihr verbündete Miliz »Wazalendo« dazu.
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