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Aus: Ausgabe vom 06.08.2025, Seite 7 / Ausland
Nahostkonflikt

Paris bestraft kollektiv

Studentin verdächtigt: Keine Aufnahmen aus Gaza
Von Bernard Schmid, Paris
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Zu Gaza hat die Mehrheit der Bevölkerung auch in Frankreich eine andere Meinung als die Regierung (Lille, 14.6.2025)

Kann man eine ganze Bevölkerung abstrafen, weil einer Gruppe oder Einzelpersonen in ihr schwere Verfehlungen vorgeworfen werden? Nicht anders steht es um die im April angelaufenen, spärlichen  Evakuierungen aus Gaza nach Frankreich. Über Kollektivhaftung empörten sich Anfang der Woche der Generalsekretär des Parti Socialiste (PS), Olivier Faure, der »grüne« EU-Parlamentarier David Cormand, der Abgeordnete von LFI (La France insoumise) Thomas Portes, Rechtsanwältinnen sowie Hochschullehrer in einer Petition.

Bislang konnten 292 Personen den Gazastreifen über Ägypten und Jordanien Richtung Frankreich verlassen. Das Außenministerium in Paris hatte ihnen Visa ausgestellt. Es handelte sich um Kinder, die in Frankreich Angehörige haben, um Mitarbeiter des französischen Kulturinstituts in Gaza-Stadt und ihre Angehörigen sowie weitere Personen, die »enge Verbindungen zu Frankreich aufweisen«.

Bereits im März war der 25jährigen Studentin Nour Attaallah die Ausreise geglückt. Am 11. Juli kam sie in Frankreich an. Im September hätte sie an der Eliteuniversität Sciences Po in Lille ein neues Studium aufnehmen sollen, ausgestattet mit einem Stipendium. Hätte. Dann kolportierten die beiden extrem rechten Abgeordneten Matthias Renault und Julien Odoul (Rassemblement National) Aufnahmen von ihrem Konto bei der Onlineplattform X. Demnach soll sie 2024 Posts geteilt haben, in denen Adolf Hitler gelobt und die Tötung aller Juden gefordert worden sei.

Vorgeworfen wird Attaallah »Terrorismus zu rechtfertigen« sowie »ein Verbrechen gegen die Menschheit zu rechtfertigen«, was mit einer Haftstrafe geahndet werden kann, ohne das Aufenthaltsrecht ins Spiel zu bringen – das Attaallahs oder gar das aller von Hunger, Bomben und Massenvertreibung bedrohten Bewohner Gazas. Außenminister Jean-Noël Barrot kündigte jedoch am 1. August an, alle Aufnahmen aus Gaza seien bis zu einer Überprüfung blockiert. Attaallah hat unterdessen, nachdem ihr eine Abschiebung angedroht worden war – aber wohin? –, am Sonntag Frankreich verlassen. Die Golfmonarchie Katar nahm sie auf, dort wird sie nun ihr Studium fortsetzen.

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