Iran will nicht nachgeben
Von Knut Mellenthin
Wenn es nicht doch noch kurzzeitig eine Planänderung gibt, wollen sich französische, deutsche und britische Diplomaten am Freitag in Istanbul mit iranischen Kollegen treffen. Von seiten Irans werden die stellvertretenden Außenminister Madschid Takht-Ravantschi und Kasem Gharibabadi in die Türkei reisen. Die Sitzung sei auf Wunsch der Europäer, die oft zusammenfassend als E3 bezeichnet werden, vereinbart worden, betont das Außenministerium.
Es ist damit zu rechnen, dass bei der Begegnung hart gestritten wird. Die E3 scheinen einen generellen Verzicht Irans auf die Anreicherung von Uran erzwingen zu wollen, indem sie mit der Aktivierung des »Snapback-Mechanismus« drohen. Dieser ist aufgrund der Resolution 2231 des UN-Sicherheitsrats (UNSC) vom 20. Juli 2015 ein indirekter Bestandteil des Wiener Atomabkommens (JCPOA). Die Klausel ermöglicht jedem Vertragspartner, die früheren Sanktionen des UNSC wiederaufleben zu lassen, ohne dass eines der ständigen Mitglieder des Gremiums – konkret geht es um Russland und China – das durch ein Veto verhindern könnte. Diese Regelung gilt aber nur noch bis zum 18. Oktober. Da die Anwendung des »Snapback-Mechanismus« etwas zeitlichen Vorlauf braucht, haben die E3 ihre Deadline auf den 29. August gelegt.
Ein Nachgeben Irans ist nicht zu erwarten. Das hat Außenminister Abbas Araghtschi am Montag in einem Interview mit dem weit rechts stehenden US-Sender Fox News bekräftigt: »Unsere Anreicherung liegt uns so sehr am Herzen. Selbstverständlich können wir auf sie nicht verzichten, weil sie eine Errungenschaft unserer eigenen Wissenschaftler ist, und jetzt ist sie mehr noch als das ein Gegenstand des Nationalstolzes.«
Im Vorfeld des Treffens hat die iranische Seite angekündigt, dass sie ihre Ablehnung ausgesprochen hart vortragen will. Ein wesentlicher Unterschied zu früheren Gesprächen mit den E3 werde sein, dass Iran diesmal »seine Forderungen ernsthaft steigern« werde, führte Außenamtssprecher Ismail Baghaei am Montag während seiner wöchentlichen Pressekonferenz aus. Die drei europäischen Staaten seien in keiner Weise berechtigt, Forderungen zu stellen, weil sie es nach dem Ausstieg Trumps aus dem JCPOA 2018 unterlassen hätten, das Abkommen umzusetzen – sie hätten die Sanktionen der USA mitgetragen. Auf die »Snapback«-Option dürfen sich nur die Partner des JCPOA berufen, und Iran wirft den E3 jetzt explizit vor, dass sie zu diesen aufgrund ihres Verhaltens ebensowenig gehören wie die USA. Dafür müssten sie »zur Verantwortung gezogen werden«, wie auch für ihr Schweigen zu den militärischen Angriffen Israels und der USA im Juni, die von ihnen zum Teil sogar unterstützt worden seien.
Von einer Wiederaufnahme der indirekten Gespräche mit Washington will man in Teheran vorläufig erst recht nichts wissen. Es gebe dafür, trotz gegenteiliger Gerüchte und Meldungen, keine Pläne, wiederholte Außenamtssprecher Baghaei am Montag. Aber Araghtschi hat angeblich am Dienstag als Teilnehmer einer Sitzung des Parlamentsausschusses für Nationale Sicherheit und Außenpolitik in Aussicht gestellt, es könnte Gespräche auch mit den USA geben, falls die Sanktionen aufgehoben und Irans »Recht auf die Nutzung der friedlichen Nukleartechnologie« respektiert würden.
Donald Trump scheint sich unter diesen Umständen demonstrativ uninteressiert zu geben. Die Jerusalem Post berichtete auf der Grundlage nicht überprüfbarer »Quellen«, der Präsident habe »in Privatgesprächen« angekündigt, er habe beschlossen, die iranische Seite nicht länger zu Verhandlungen über ihr Atomprogramm zu überreden. »Wenn sie kommen wollen, sind sie willkommen. Aber wir werden nicht hingehen und versuchen, sie zu überzeugen oder anzubetteln, das zu tun«, zitierte ihn die israelische Tageszeitung am Dienstag. Gleichzeitig drohte Trump auf seiner Internetplattform »Truth Social«: »Wenn nötig, greifen wir die Atomanlagen erneut an«.
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