Regierung will mehr durchwinken
Von Marc Bebenroth
Damit »sichern wir den Frieden«, behauptet die Wirtschaftsministerin. Was auf jeden Fall gesichert werden soll, ist die Fülle der Auftragsbücher bei den Zulieferern der Bundeswehr. Am Mittwoch hat die Bundesregierung am Kabinettstisch entschieden, die Regeln für das Beschaffungswesen so lockern zu wollen, dass weit kostspieligere Aufträge zur »Verteidigungsfähigkeit« als bisher ohne förmliche Ausschreibung vergeben werden können. Noch liegt die Schwelle bei Aufträgen im Wert von bis zu 15.000 Euro. CDU/CSU und SPD wollen diese Grenze nun auf 443.000 Euro anheben.
»Von den Beschleunigungen werden jetzt ausnahmslos alle militärischen Güter« sowie »auch zivile Güter« erfasst, erklärte Katherina Reiche (CDU) im Anschluss an die Kabinettssitzung vor Journalisten. Neben der Anschaffung neuer Waffensysteme will die Bundesregierung auf diesem Weg auch den Bau und die »Instandsetzung von Kasernen« vorantreiben. Bereits geltende Erleichterungen dieser Art »werden verlängert bis 2035«, auch um »Planungssicherheit für Unternehmen« sowie für den Behördenapparat zu gewährleisten, wie Reiche ausführte.
»Wir brauchen mehr Rüstungsgüter, und wir brauchen sie schneller. Das geht nur durch die Ausweitung der Produktion«, sagte sie. Im Sinn hat die Regierung dabei unter anderem Firmen, die von der Fertigung militärischer Drohnen profitieren. Hier gelte es, »an den aktuellen Entwicklungen im Markt mithalten zu können«, sagte die Wirtschaftsministerin. Die Beschaffung müsse »konkret« und »up to date durchzuführen sein«. Diesem Zweck diene der am Mittwoch beschlossene Regierungsentwurf für ein »Bundeswehrbeschaffungsbeschleunigungsgesetz«.
Das geplante Gesetz sei notwendig, weil »der volle Tank eben auch nicht viel« nutze, solange »die Tankleitung nicht ganz frei ist«, wie es Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) beim Pressetermin mit Reiche formulierte. Gemeint ist, dass der praktisch endlose Zugriff auf Kreditermächtigungen durch den Bund (Stichwort: Lockerung der »Schuldenbremse«) das Abfließen der Mittel Richtung Kriegsprofiteure nicht garantiert.
Die bereits geschaffene Möglichkeit, »das Geld anders auszugeben«, setze Pistorius zufolge die Regierung zugleich »unter Druck, das auch zu schaffen«. Ein »Wust von Regelungen« und aus seiner Sicht »auch Behinderungen« bei der »eiligen Umsetzung der eiligen Herstellung« besagter »Verteidigungsbereitschaft« müsse abgebaut werden. In Zahlen ausgedrückt sei laut Pistorius eine Konsequenz des neuen Vorhabens, dass fast 8.000 Aufträge schneller bearbeitet werden. Bei Bauaufträgen solle die Schwelle, ab der erst förmlich ausgeschrieben werden muss, auf eine Million Euro erhöht werden. Dies betreffe 4.000 Aufträge.
Mit erkennbarem Stolz erinnerte der SPD-Politiker daran, dass »wir« im vergangenen Jahr mit der »Vorlage von 25 Millionen Euro Beschlussvorlagen« im Bundestag »einen Rekord aufgestellt« hätten. »Wir haben so viele Großprojekte auf den Weg gebracht wie noch nie«, sagte Pistorius, der sich darauf nicht ausruhen wolle. Keine Ruhe lässt dem Minister offenbar auch, dass die Bundeswehr für die geplante Abgabe von zwei »Patriot«-Flugabwehrsystemen an die Ukraine Ersatz aus den USA verlangt. Dort produzieren die einflussreichen Rüstungskonzerne Raytheon, Lockheed Martin und Boeing das Waffensystem. Ihnen müsse die von den USA geleitete NATO-Kriegsallianz klarmachen, »dass die Länder, die abgeben, innerhalb von wenigen Monaten mit neuen Systemen versorgt werden müssen«, sagte Pistorius gegenüber Spiegel nach Angaben vom Mittwoch. Am selben Tag habe es ein »Expertengespräch« hochrangiger Militärs aus NATO-Staaten dazu gegeben.
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