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Aus: Ausgabe vom 11.07.2025, Seite 5 / Inland
Stellenabbau bei Lkw-Hersteller

Daimler rüstet sich schlank

Lkw-Hersteller streicht 5.000 Stellen in BRD – trotz Big Business mit Kriegsgerät
Von Max Grigutsch
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Bald in Tarnfarben? Lastkraftwagen auf dem Gelände des Daimler-Truck-Werks in Wörth (16.7.2023)

Wer die Militarisierung als Arbeitsplatzretter sieht, wird enttäuscht sein: Trotz Orientierung auf Rüstungsproduktion will Daimler Truck in Deutschland 5.000 Stellen abbauen. Man nehme sich mit dem »Cost Down Europe«-Programm eine »Kostensenkung von mehr als einer Milliarde Euro bis 2030 in Europa« und eine »Verlagerung von Produktionsvolumen in ein Land mit Kostenvorteilen« vor, teilte das Unternehmen am Dienstag mit. Statt dessen wolle der Konzern in »Bereichen mit großem Potential wachsen«; dazu zähle mitunter eine »Verdoppelung des Geschäfts im margenstarken Verteidigungssektor«.

Den avisierten Umfang des Stellenabbaus hatte Daimler-Truck-Chefin Karin Rådström am Dienstag gegenüber Investoren erstmalig präsentiert. Demnach wolle der Konzern die Arbeitsplätze mittels »natürlicher Fluktuation«, Altersteilzeitregelungen und »gezielten Abfindungspaketen« abwickeln. Der Gesamtbetriebsrat, der die 28.000 potentiell betroffenen Beschäftigten an den fünf Standorten Gaggenau, Kassel, Mannheim, Stuttgart und Wörth vertritt, zeigte sich »überrascht« und forderte am Mittwoch vor Journalisten die Rücknahme der Bezifferung des Stellenabbaus. Man erwarte, dass sich der Konzern an den gemeinsam ausgehandelten Sparplan halte, so Gesamtbetriebsratschef Michael Brecht. Dieser beinhalte einen ergebnisoffenen Prüfprozess. Generell stehe man aber hinter dem Plan, Bereich für Bereich die »Wirtschaftlichkeit zu untersuchen« – und »wenn es eben nicht geht, dann geht es nicht«, sagte Brecht.

Wohin die Produktion abwandern soll, ist unklar. Brecht vermutet Indien und Rumänien, laut Handelsblatt sei auch die Türkei möglich. Auf Anfrage von junge Welt teilte Heiko Pappenperger, Pressesprecher bei Daimler Truck, am Donnerstag mit, die Firma prüfe »verschiedene Optionen, eine Entscheidung ist bisher nicht getroffen«. Der Konzern setze auf sogenannte »Make or Buy«-Prozesse – eine Prüfung, »ob bestimmte Funktionen und Umfänge wirtschaftlich selbst erbracht werden oder ob sie günstiger extern oder von einem anderen Daimler-Truck-Standort übernommen werden können.«

»Cost down«, aber Militärproduktion hoch: Daimler Truck habe kürzlich einen Großauftrag von der Bundeswehr erhalten, so Pappenberger. Dieser umfasse »die Lieferung einer mittleren dreistelligen Anzahl an Logistikfahrzeugen vom Typ Mercedes-Benz Arocs« bis Ende Mai 2026, die »zur Verbesserung der militärischen Transportkapazitäten für die Landes- und Bündnisverteidigung beitragen« sollen. Unterstützung auch vom Betriebsrat: Es gebe einige Staaten, die Interesse an Militärfahrzeugen von Daimler Truck haben, so Brecht. »Und deswegen glaube ich schon, wenn man jetzt nach vorne guckt, dass wir auch hier unseren Teil dazu beitragen können.« Er sei optimistisch, dass man sich in diesem Bereich »relativ schnell mindestens verdoppeln« könne.

Ob aber das Rüstungsgeschäft die hiesige Produktion anheizt, wird wohl von der Kostenprüfung abhängen. Zweifel äußert Cem Ince, Abgeordneter der Fraktion Die Linke: »Während Friedrich Merz mit seinen veralteten neoliberalen Rezepten wie Steuersenkungen für Unternehmen vorgibt, die Industrie in Deutschland zu schützen«, seien Werksschließungen und Arbeitsplatzabbau längst an der Tagesordnung, sagte er am Donnerstag gegenüber jW. Daimler Truck gehe es darum, »die Profite seiner Aktionäre auf dem Rücken der Beschäftigten zu maximieren«. Dagegen müsse man sich wehren: »Arbeiterinnen und Arbeiter verlieren, Gewinner sind einzig die Rüstungsunternehmen.«

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  • Leserbrief von rote Zora (11. Juli 2025 um 05:15 Uhr)
    So ist das halt im Kapitalismus: nicht trotz, sondern wegen neuer Aufträge (seien sie nun durch den Staat für das Militär oder anderweitig bedingt) werden Arbeitsplätze abgebaut. Mit weniger »Menschenmaterial« mehr Ausstoß produzieren, ist da die Devise, andere werden freigesetzt.

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