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Aus: Ausgabe vom 09.07.2025, Seite 10 / Feuilleton

Wenzel, Hoss, Pucher

Von Jegor Jublimov
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Die Schöne: Heidemarie Wenzel

Zu den traditionellen Sommerfilmtagen startete im Juli 1976 auf den Freilichtbühnen der DDR der historische Abenteuerfilm »Die Unsterblichen« aus Rumänien. Heidemarie Wenzel, die damals auch international gefragt war und eine mittelgroße Rolle spielte, wunderte sich, dass sie mit fremder Stimme sprach. Niemand hatte sie gebeten, sich wie üblich selbst zu synchronisieren.

Nach dem Schauspielstudium in ihrer Heimatstadt Berlin spielte sie in Rostock (als Shakespeares Ophelia) und Greifswald (als Lydia in Tucholskys »Schloß Gripsholm«) Theater. Nach ihrem Fernsehdebüt 1965 blieb sie diesem Medium rund fünf Jahrzehnte lang treu, zuletzt in »In aller Freundschaft«. Daneben machte sie mit dem Filmstart von »Abschied« (1968) nach Johannes R. Bechers Roman eine beachtliche Kinokarriere in »KLK an PTX – Die Rote Kapelle«, »Zeit der Störche« (beide 1971), »Die Taube auf dem Dach« (1973), »Wolz – Leben und Verklärung eines deutschen Anarchisten« (1974) und »Brandstellen« (1978), um nur einige zu nennen. Mitte der 80er Jahre löste sie sich innerlich von der DDR und folgte 1988 ihrem Mann Helmut Nitzschke in den Westen. Der Regisseur hatte sie schon 1968 für seinen Krimi »Nebelnacht« getestet, aber sie war – wie er später gestand – für die Rolle »zu schön«. Folgerichtig besetzte Heiner Carow sie 1972 im Kultfilm »Die Legende von Paul und Paula« als »Die Schöne«. Heidemarie Wenzel wurde am Montag 80, aber seit ihr Mann erkrankte – er starb Anfang dieses Jahres, hat sie sich leider aus der Öffentlichkeit zurückgezogen.

Mitten im Leben steht Nina Hoss, die ab 1995 an derselben Berliner Schule wie einst die Wenzel studierte und am Montag 50 wurde. Seit 1996 hat sie beeindruckende Film- und TV-Rollen unter der Regie von Hermine Huntgeburth, Nicolette Krebitz, Ina Weisse und besonders erfolgreich bei Christian Petzold gespielt, auch in europäischen und amerikanischen Produktionen. Ihr neuester Film »Zikaden« startete vorigen Monat in den Kinos. Das Deutsche Theater Berlin war ihr eine künstlerische Heimat, und inzwischen ist sie auch in London und New York in Tschechows »Kirschgarten« aufgetreten.

In Arztrollen spielten sowohl Heidemarie Wenzel als auch Wilfried Pucher in Rudi Kurz’ antifaschistischer Serie »Front ohne Gnade« (1981–1983) mit. Der ab Donnerstag 85jährige Thüringer Pucher wurde erst Landwirt und war Komparse am Greizer Theater, ehe er in Berlin Schauspiel studierte. Nach kurzen Theaterjahren in Gera und Potsdam wirkte er ab 1971 für zwei Jahrzehnte im Adlershofer Fernsehensemble. Hier bot sich ihm mit weit über 100 Rollen ein breites Spektrum nach Vorlagen von Rolf Schneider, Jean Anouilh, Theodor Fontane, Eberhard Panitz, Christa Wolf oder E. T. A. Hoffmann. Hauptrollen, wie 1981 in der »Polizeiruf«-Folge »Der Schweigsame« neben Christine Schorn, waren eher selten. Für die Defa bereicherte Pucher Rolf Losanskys Kinderstoffe und stand u. a. in »Indianerfilmen« vor der Kamera. Seit den 90er Jahren spielte er häufig in Episoden von Krimiserien.

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