Isolation der Taliban durchbrochen
Von Thomas Berger
Knapp vier Jahre, nachdem die US-geführte westliche Militärkoalition Hals über Kopf das wieder vollständig von den Taliban eroberte Afghanistan verlassen hat, bekommt die internationale Isolation zunehmend Risse. Die Regierung des Islamischen Emirats Afghanistan (IEA), wie die neuen Machthaber den Staat nennen, kann sich als Durchbruch nun über offizielle diplomatische Anerkennung Russlands freuen. Schon seit einer Weile war eine Annäherung zwischen Moskau und Kabul zu beobachten. Nun hofft man in der Taliban-Spitze, dass demnächst weitere Länder diesem Vorbild folgen könnten. Wichtige neue Kooperationen auf wirtschaftlichem Gebiet sind aber auch ohne solche Formalien am Wachsen.
So war es bereits eine Aufwertung des Regimes, als Afghanistans Vizepremier für Wirtschaftsfragen Abdul Ghani Baradar am 2. Juli am Rande des 17. Gipfels der Economic Cooperation Organisation (ECO) von Aserbaidschans Regierungschef Ali Asadow empfangen wurde, einem engen Vertrauten des autoritären Präsidenten Ilham Alijew. In Baku hatte Baradar weitere Gespräche – so mit dem Chef der aserbaidschanischen Eisenbahn Rovshan Rustamow, wie Ariana News vermeldete, und Offiziellen der Hafenbehörde. Aserbaidschan nimmt für Afghanistan eine Schlüsselposition ein, um ökonomisch neuen Anschluss zu gewinnen. Dass Baradar gleich noch mit dem kasachischen Premier zusammentraf, war für das Regime ein besonderer Glücksfall. Denn Kasachstan hatte schon etwas früher in Aussicht gestellt, den bilateralen Handel bis auf drei Milliarden US-Dollar auszuweiten, wie Tolo News schreibt. Momentan geht es vorrangig um eine Eisenbahnverbindung zwischen Torghundi und Herat – ein Projekt, in das Kasachstan 500 Millionen US-Dollar stecken will. Investitionen in den afghanischen Bergbau erscheinen ebenfalls greifbar.
Unterdessen fand am Montag in Islamabad das erste Treffen eines neuen Konsultationsmechanismus zwischen Afghanistan und Pakistan statt. Wie The Express Tribune dazu anmerkte, habe die pakistanische Regierung es zwar nicht eilig, dem russischen Beispiel zügig mit einer formellen IEA-Anerkennung zu folgen. Rein praktisch gebe es aber schon vielfältigen, fast normalen Austausch. Der ist auch an anderen Fronten spürbar. Bereits am 30. Juni hatte Ahmed Asam, Malaysias Sondergesandter für Afghanistan, mit einer Delegation im Schlepptau in Kabul den amtierenden Außenminister Amir Khan Muttaqi getroffen. Von »wachsenden wirtschaftlichen Beziehungen« sei dabei die Rede gewesen, hieß es im Bericht der Kabul Times. Die Messeteilnahme an der Kunming International Expo zu Monatsbeginn war zudem ein Indiz für verstärkten Zugang zum chinesischen Markt, so wie der Kreml bereits vor der diplomatischen Anerkennung eine Taliban-Delegation zum größten Wirtschaftsforum in Moskau eingeladen hatte.
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