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Aus: Ausgabe vom 03.07.2025, Seite 6 / Ausland
»Tommy Robinson«

Faschistenführer Robinson vor Gericht

Großbritannien: Exparteichef Yaxley-Lennon wegen Einschüchterung von Reportern angeklagt
Von Dieter Reinisch
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Hatte sich bereits für eine ganze Reihe von Straftaten zu verantworten: Der britische Ultrarechte Stephen Yaxley-Lennon alias Tommy Robinson (London, 5.6.2024)

Erst vor wenigen Wochen ist er wieder auf freien Fuß gekommen. Doch jetzt steht der britische Faschist Stephen Yaxley-Lennon, besser bekannt als Tommy Robinson, abermals vor Gericht. Er soll im Sommer vergangenen Jahres zwei Journalisten der Boulevardzeitung Daily Mail über die sozialen Netzwerke belästigt und Gewalt geschürt haben. Am 5. Juni plädierte er auf »nicht schuldig«. Diesen Donnerstag kommt es zu einer ersten Befragung vor dem Southwark Crown Court in London. Der eigentliche Prozess könnte in einigen Wochen beginnen.

Unter seinem Pseudonym Tommy Robinson war Yaxley-Lennon Mitbegründer und de facto Chef der ultrarechten Partei English Defence League (EDL). Der 42jährige aus Luton erschien aufgrund einer Anzeige im Zusammenhang mit dem aktuellen Gerichtstermin erstmals im vergangenen August vor dem Amtsgericht Westminster. Ihm wird vorgeworfen, zwischen dem 5. und 7. August vergangenen Jahres die Mail online-Journalisten Andrew Young und Jacob Dirnhuber und deren Familien über seinen Social-Media-Account auf der Plattform X belästigt und bedroht zu haben. Mail online ist das Internetangebot der Daily Mail. Auf Wunsch von Yaxley-Lennons Anwalt wird der Prozess als Schwurgerichtsverfahren durchgeführt. Bezirksrichter Paul Goldspring ließ den Angeklagten daraufhin gegen Kaution frei.

Zu den angeblichen Bedrohungen war es während der rassistischen Ausschreitungen in Großbritannien im vergangenen Sommer gekommen. Regelrechte Pogrome griffen zu dieser Zeit besonders auf nordenglische Städte wie Hull, Liverpool, Manchester, Stoke-on-Trent und Blackpool über, aber auch auf Bristol im Westen. Darüber hinaus breitete sich die rechte Randale auf Nordirland aus. Hintergrund war ein tödlicher Messerangriff eines gebürtigen Briten ruandischer Abstammung am 29. Juli vergangenen Jahres in der Stadt Southport.

Nach dem Vorfall wurden Falschmeldungen von rechten Influencern in den sozialen Netzwerken verbreitet, denen zufolge ein Asylsuchender für die Tat verantwortlich sei. In den darauffolgenden Nächten kam es zu Brandanschlägen auf Moscheen, mi­grantische Geschäfte und Wohnhäuser. »Robinson« spielte dabei eine wichtige Rolle, als er mit seinen millionenfach geklickten Posts die Stimmung unter den Marodeuren anheizte. Bei einer Verurteilung wegen Belästigung beträgt die Höchststrafe sechs Monate Gefängnis oder eine Geldstrafe in unbestimmter Höhe.

Ende Mai war Yaxley-Lennon nach rund acht Monaten Gefängnis wieder auf freien Fuß gekommen. Seine damalige Haftstrafe von 18 Monaten war vom Londoner High Court verkürzt worden. Der ehemalige Frontmann der EDL hatte sich seit Oktober in Haft befunden, weil er trotz einer gerichtlichen Unterlassungsverfügung falsche Behauptungen über einen syrischen Flüchtling verbreitet hatte. Robinson zeige zwar keine Reue oder Bedauern, er habe aber zugesichert, sich an die Unterlassungsverfügung zu halten, zitierte die Agentur PA den zuständigen Richter.

Gerichtsgebäude von innen kennt Yaxley-Lennon zur Genüge: Er ist bereits wegen einer ganzen Reihe von Delikten verurteilt worden. 2005 verbüßte er eine zwölfmonatige Haftstrafe wegen Körperverletzung eines Polizeibeamten. 2013 wurde er wegen der Verwendung eines gefälschten Reisepasses inhaftiert. 2019 erhielt er neun Monate Haft wegen Missachtung des Gerichts und Verstoßes gegen ein Verbot der Berichterstattung über einen Prozess. Davon verbüßte er zehn Wochen. Doch mit alldem nicht genug: Gegen Yaxley-Lennon wird im Oktober 2026 ein weiterer Prozess beginnen. Ihm wird vorgeworfen, er habe bei einer Kontrolle durch die Polizei von Kent in der Stadt Folkestone im Juli 2024 den PIN-Code seines Mobiltelefons nicht angegeben, obwohl dies Teil seiner damaligen Bewährungsauflagen gewesen sei.

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