Gipfel für Nahost
Von Julieta Daza, Caracas
Mit Kundgebungen in Caracas und weiteren Städten hat die Bevölkerung Venezuelas am Mittwoch (Ortszeit) ihre große Unterstützung für den aktuellen Aufruf der Bolivarischen Regierung zum Frieden in Nahost gezeigt. Bei der Massenveranstaltung in der Hauptstadt ergriff der venezolanische Außenminister Yván Gil das Wort und betonte, dass es sich bei der Aggression Israels gegen Palästina und Iran um einen »Krieg um die Kontrolle von Ressourcen und die Schaffung einer unmenschlichen militärischen Enklave« handle, in dem bereits etwa 60.000 Palästinenser getötet worden seien. Man müsse diesen Krieg jetzt beenden und dem »neuen Kolonialismus, Imperialismus und Zionismus mit Frieden entgegentreten«, zitierte ihn die Zeitung Últimas Noticias.
Am Montag hatte Präsident Nicolás Maduro einen »Gipfel für den Frieden und gegen den Krieg« vorgeschlagen. Am Sitz des Außenministeriums präzisierte Vizepräsidentin Delcy Rodríguez vor internationalen diplomatischen Vertretern das Vorhaben. Die Aggression Israels und der USA gegen den Iran habe eine Krise verursacht, die die Region und die ganze Menschheit an den Rand eines nuklearen Konflikts geführt habe. Deshalb rufe Staatschef Maduro Instanzen wie die Arabische Liga, die Organisation für Islamische Zusammenarbeit, den Golfkooperationsrat, die Mitglieder des BRICS-Bündnisses wie China und Russland sowie die Länder des globalen Südens auf, einen sofortigen Waffenstillstand zu fordern. Der geplante Gipfel solle in Achtung des Völkerrechts und der Regeln der Diplomatie sowie zum Zwecke der Abrüstung organisiert werden.
Ein Ziel des Treffens sei entsprechend die Schaffung einer atomwaffenfreien Zone im Nahen Osten. Das erfordere jedoch die nukleare Abrüstung Israels, das dem Vertrag über Nichtverbreitung von Kernwaffen nicht beigetreten ist und sich der Aufsicht der Internationalen Atomenergiebehörde entzieht. »Ebenso betonen wir, dass ein dauerhafter Frieden in der Region ohne eine gerechte Lösung des palästinensischen Konflikts gemäß den Resolutionen der UNO, die das Recht des palästinensischen Volkes auf einen souveränen Staat mit Ostjerusalem als Hauptstadt und die Rückkehr der Flüchtlinge anerkennen, unmöglich sein wird«, heißt es in dem von Rodríguez verlesenen Text.
Zur gleichen Zeit übt die US-Regierung Druck auf die lateinamerikanischen Staaten aus, um sie mit Blick auf Iran zu Stellungnahmen im Interesse Washingtons zu bewegen. Am Montag (Ortszeit) sagte eine Sprecherin des US-Außenministeriums auf einer Pressekonferenz, es sei »eine großartige Gelegenheit für die Länder in der Region, sich zu überlegen, auf wessen Seite sie stehen wollen, ob sie ein Regime unterstützen wollen, das ein staatlicher Sponsor des Terrorismus ist, oder welche Position sie einnehmen wollen.« Diese verkappte Drohung kam nur wenige Tage vor der 55. Generalversammlung der schon immer US-hörigen Organisation Amerikanischer Staaten (OAS).
Das zweitägige Treffen der OAS hat am Mittwoch (Ortszeit) in Antigua und Barbuda begonnen. In seiner Eröffnungsrede rief der erst seit Mai amtierende Generalsekretär Albert Ramdin zur »Deeskalation und Mäßigung« in Nahost auf. Die Konfliktparteien sollten auf »diplomatische und friedliche Mittel zurückgreifen«, zitierten ihn mehrere Medien. Eine kritischere Äußerung kam von der Außenministerin Boliviens, Celinda Sosa. Ihr zufolge verstießen die militärischen Aktionen der USA gegen Iran gegen das Völkerrecht und könnten weltweit »fatale Folgen« haben. Abzuwarten ist, ob die OAS am Ende eine selbstbestimmte Position einnehmen oder dem US-Druck nachgeben wird.
Venezuela, das von US-Außenminister Marco Rubio wie Kuba und Nicaragua als »Feind der Menschheit« verleumdet wird, hat 2017 seinen Austritt aus der OAS beantragt. Zudem hatte Caracas schon 2009 unter dem damaligen Präsidenten und Anführer der Bolivarischen Revolution Hugo Chávez seine diplomatischen Beziehungen zu Israel abgebrochen.
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