Zahlentrickserei bei Kriegsgerät
Von Max Grigutsch
Deutsche Rüstungsexporte sind in diesem Jahr deutlich zurückgegangen. Das verheißen jedenfalls die Schlagzeilen hiesiger Medien. Haben die Antikriegsproteste also Wirkung gezeigt und die Bundesregierung zum Umschwenken bewegt? Wohl kaum. Bei dem vermeldeten Rückgang, so offenbart der zweite Blick, geht es lediglich um die Genehmigungen für die Ausfuhr von Rüstungsgütern. Diese hätten vom 1. Januar bis zum 8. Dezember 2025 Kriegsgerät im Wert von 8,4 Milliarden Euro umfasst, verglichen mit Rekordgenehmigungen im Wert von 13,33 Milliarden Euro im Vorjahr und 12,15 Milliarden Euro 2023. Das geht aus einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage des Linke-Bundestagsabgeordneten Ulrich Thoden hervor, die dpa am Montag vorlag.
Demnach seien vor allem die Zulassungen für die militärische Ausrüstung der Ukraine rückläufig – 1,14 Milliarden statt 8,15 Milliarden Euro im gesamten Vorjahr. Man beachte aber: Das bedeutet nicht unbedingt, dass auch die tatsächlichen Lieferungen rückläufig waren, gilt es doch, »Verantwortung in Europa« zu übernehmen, wie es im »Jahresrückblick« auf der Webseite des Verteidigungsministeriums vom 23. Dezember heißt. Entsprechend will sich die Regierung verstanden wissen. Eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums erklärte am Montag gegenüber dpa, dass die laufende Unterstützung der Ukraine teilweise auf bereits zuvor erteilte Genehmigungen zurückgehe. »Zum anderen fließen Ukraine-Mittel in längerfristige Projekte, die sich nicht alle sofort, sondern erst im weiteren Verlauf in Ausfuhrgenehmigungen niederschlagen«, sagte sie.
Relevant ist außerdem – auch darauf wies die Sprecherin hin –, dass nicht für alle militärischen Unterstützungsleistungen Rüstungsexportgenehmigungen notwendig seien. Das gelte auch für die Rekordwerte der Vorjahre. Klartext: Etikettenschwindel. »Die Bundesregierung trickst erheblich bei den neuen Rüstungsexportzahlen«, ordnete Thoden am Montag auf Anfrage von junge Welt ein. Im »Jahresrückblick« steht: »Darüber hinaus hat Deutschland 2025 militärische Unterstützungsleistungen für die Ukraine im Wert von neun Milliarden Euro zur Verfügung gestellt.« Laut Thoden passt das nicht zu den Zahlen in der Antwort der Bundesregierung auf die Anfrage seiner Fraktion. »Offensichtlich gelten für die Bundesregierung nicht mehr alle ›militärischen Unterstützungsleistungen‹ für die Ukraine als Rüstungsexporte«, kritisierte der Linke-Politiker.
Eine genaue Aufstellung der Lieferungen an die Ukraine gibt es seit Übernahme der Regierungsgeschäfte durch die »schwarz-rote« Koalition übrigens nicht mehr. Begründet wird das mit der vermeintlichen Gefahr aus Russland.
In welche Länder verschifft die neue Bundesregierung außerdem? Auf Platz eins liegt Norwegen, das Zulassungen im Wert von 1,31 Milliarden Euro erhalten hat, wohl vorwiegend für Großaufträge für Kampfpanzer und U-Boote. Grünes Licht gab es auch für Ausfuhren im Wert von 726 Millionen Euro an die Türkei – der höchste seit 1999. Die Merz-Regierung hatte im Juli die Lieferung von »Eurofighter«-Kampfjets an das Land genehmigt. Sie bedient damit einen »NATO-Staat, der geprägt ist durch Repression gegen die Opposition und der zugleich Gebiete in Nordsyrien besetzt hält«, sagte Thoden. »Rüstungsexporte werden von der Bundesregierung ›strategisch‹ eingesetzt, das bedeutet, es werden Verbündete unterstützt, egal wie sie es mit den Menschenrechten halten.« Insgesamt bemängelt Thoden eine »quantitative Steigerung der Rüstungsexporte gegenüber dem Vorjahr mit Ausnahme der Rüstungsexporte in die Ukraine«.
Und überhaupt: Wer über die realen Tendenzen der Militarisierung informiert sein will, der folge nicht den Ausdünstungen der Regierung, sondern dem Geld. Das stecken Staat und Kapital gerade am liebsten in die Rüstungsproduktion. Reiches Gedeck für die Aktionäre: Laut Manager-Magazin (Montag) verzeichnete die Aktie des Augsburger Getriebeherstellers Renk im auslaufenden Jahr ein Plus von satten 180 Prozent, Rheinmetall verbuchte rund 150 Prozent, und Hensoldt legte um knapp 115 Prozent zu.
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