Strategischer Schritt
Von Knut Mellenthin
Israel hat am Freitag als erster Staat der Welt die 1991 erklärte Unabhängigkeit der früheren britischen Kolonie Somaliland von Somalia anerkannt. Der einseitige Schritt hat, wie vorauszusehen war und von der israelischen Rechtsregierung unter Benjamin Netanjahu offenbar in Kauf genommen wurde, vor allem auf dem afrikanischen Kontinent nahezu einhellige Ablehnung hervorgerufen. Bis zum Wochenende hatten die offiziellen Vertreter der überstaatlichen Zusammenschlüsse Afrikanische Union (AU) und Organisation für islamische Zusammenarbeit ebenso wie das nordostafrikanische Staatenbündnis IGAD ihre Unterstützung für die ungeteilte Souveränität Somalias erklärt. Für Montag ist eine Sitzung des UN-Sicherheitsrats in der Sache anberaumt.
Die Staaten der westlichen Allianz halten gemäßigte Distanz zu Israels Vorpreschen. Der außenpolitische Sprecher der EU, Anouar El Anouni, gab eine Erklärung ab, in der »die Bedeutung der Respektierung der Einheit, Souveränität und territorialen Integrität« Somalias als »Schlüssel zum Frieden und zur Stabilität in der gesamten Region am Horn von Afrika« betont wurde. Somaliland und die somalische Bundesregierung wurden gleichermaßen zu einem »ernsthaften Dialog« aufgerufen, »um seit langem bestehende Differenzen zu lösen«. Das US-Außenministerium verkündete am Sonnabend das Festhalten an der Anerkennung der Integrität Somalias, die das Territorium Somalilands einschließe.
Interne Kritik wurde sogar aus Israel gemeldet. Mehrere Medien berichteten über Warnungen ehemaliger und aktiver Politiker, dass Netanjahus Regierung mit ihrem international weithin abgelehnten Schritt die diplomatische Offensive in mehreren Ländern des Kontinents gefährde, mit der Israel seit einigen Jahren seine Stellung in Afrika zu verbessern versucht. Überraschend kam die Anerkennung Somalilands dennoch nicht. Enge Beziehungen bestehen schon länger. Der im vorigen Jahr ins Amt gewählte Präsident Abdirahman Mohamed Abdullahi teilte am Freitag die Absicht mit, den 2020 in Donald Trumps erster Amtszeit unterzeichneten »Abraham Abkommen« beizutreten, denen sich bisher nur die Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrain und Marokko vollständig angeschlossen und in der Folge ihre Beziehungen zu Israel normalisiert haben.
Wegen seiner Lage an der Bab-Al-Mandab-Wasserstraße, die das Rote Meer mit dem Golf von Aden verbindet, und seiner Nähe zum Jemen könnte Somaliland für Israel von großem strategischem Interesse sein. Schließlich befindet es sich im Konflikt mit den jemenitischen Ansarollah. Außerdem ist der Separatistenstaat als eines der Gebiete im Gespräch, in die Netanjahus Regierung gern Teile der palästinensischen Bevölkerung aus dem Gazastreifen abschieben würde. In beiden Fällen ist aber noch ungewiss, wie weit Abdullahi den Israelis entgegenzukommen bereit ist.
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