Ehemalige Feinde nähern sich an
Von Wiebke Diehl
Die Beziehungen zwischen Syrien und Russland träten in eine »neue Phase« ein, sagte der Außenminister der demokratisch nicht legitimierten syrischen Regierung, Asaad Al-Schaibani, während eines Treffens mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow am Mittwoch. Bereits am Dienstag hatte sich Präsident Wladimir Putin mit Al-Schaibani sowie dem syrischen Verteidigungsminister Murhaf Abu Kasra getroffen. Nach Angaben der syrischen Nachrichtenagentur SANA lag ein »besonderer Schwerpunkt« auf dem Thema Verteidigung.
Offenbar ging es bei dem Gespräch mit Putin um konkrete Planungen einer Zusammenarbeit im militärischen Bereich. Gemeinsame Ziele seien die Stärkung der Fähigkeiten der syrischen Armee, die Modernisierung ihrer Ausrüstung, der Transfer von Fachwissen sowie eine Kooperation in Forschung und Entwicklung, so SANA. Man wolle die »militärisch-technische Partnerschaft« ausbauen, um die »Verteidigungsfähigkeit der syrischen Armee zu stärken und mit den modernen Entwicklungen in der Rüstungsindustrie Schritt zu halten«. Zudem sei es um russische Unterstützung für Wiederaufbauprojekte, Infrastrukturentwicklung und Investitionen in Syrien gegangen. Bereits im Oktober hatte der Dschihadist und syrische Präsident Ahmed Al-Scharaa, der bis vor kurzem unter seinem Kampfnamen Abu Muhammed Al-Dscholani auf der UN-Terrorliste geführt und für den die USA ein Kopfgeld ausgesetzt hatten, Moskau besucht und zugesagt, alle bisherigen Vereinbarungen mit Russland zu respektieren – womit nicht zuletzt die russischen Militärbasen gemeint waren, die Moskau unter allen Umständen behalten will.
Die schnelle Annäherung Russlands an die HTS-Dschihadisten, die die russische Armee über neun Jahre bekämpft und damit lange den Erfolg des Regime-Change-Kriegs gegen Syrien vereitelt hatte, ist beachtlich. Mitte September behauptete Al-Dscholani gar, er und seine HTS-Truppen hätten die Macht im Rahmen eines Abkommens mit Russland übernommen. Gegenüber dem Internetportal The Cradle sprach ein ehemaliger syrischer Offizier von russischem »Verrat« schon lange vor dem Sturz des Expräsidenten Baschar Al-Assad am 8. Dezember 2024. Zudem hätten die Russen die syrische Armee über Jahre daran gehindert, sich gegen israelische Luftangriffe zu verteidigen. Am vergangenen Mittwoch berichtete der israelische öffentlich-rechtliche Sender Kan, Russland arbeite mit Zustimmung der USA hinter den Kulissen an einem Sicherheitsabkommen zwischen Damaskus und Tel Aviv. Zitiert wird eine israelische Sicherheitsquelle mit der Aussage, Israel ziehe eine Stationierung russischer Truppen in Südsyrien türkischen Truppen vor.
Während seines Moskau-Besuchs vom Mittwoch bezeichnete Al-Schaibani die Aufhebung der Syrien-Sanktionen als größten Erfolg des vergangenen Jahres. Man sei »nun mit dem Wiederaufbau des Landes beschäftigt.« Knapp eine Woche zuvor hatte die US-Administration die Wirtschaftssanktionen gegen Syrien aufgehoben. Die Zwangsmaßnahme sollte angeblich Demokratie und Menschenrechte bringen, zielte faktisch aber auf einen Sturz der Regierung ab, verhinderte den Wiederaufbau des Landes und stürzte die Bevölkerung in großes Elend. Obwohl von Demokratie und einer Verwirklichung der Menschenrechte im »neuen« Syrien keine Rede sein kann, wurde der »Caesar-Act«, der maßgeblich dazu beigetragen hat, dass 90 Prozent der syrischen Bevölkerung unter der Armutsgrenze leben mussten, außer Kraft gesetzt. Auch die EU hat ihre Syrien-Sanktionen bereits aufgehoben.
Kurz nach Beendigung der Sanktionen haben die USA und Jordanien 70 Ziele in Syrien bombardiert. Die Angriffe hätten sich gegen den IS gerichtet – aus »Rache«, weil eine Woche zuvor eine gemeinsame US-syrische Militärpatrouille angegriffen und zwei US-Soldaten sowie ein Dolmetscher getötet worden waren. Das syrische Innenministerium musste kurz darauf einräumen, dass der Angreifer ein Mitglied der syrischen »Sicherheitskräfte« war, der »Sympathien« für den IS hatte. Die USA, die Türkei, die Golfstaaten und Israel haben in der Vergangenheit dschihadistische Gruppen und zumindest mittelbar auch den IS in Syrien unterstützt und bewaffnet.
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