Weichenstellung in Bamako
Von Bernard Schmid
Eine Verspätung rief intensive Spekulationen hervor. Erst am Dienstag morgen gegen acht Uhr früh traf endlich Ibrahim Traoré auf dem Flughafen von Bamako ein. Der junge Staatschef (Jahrgang 1988) regiert Burkina Faso seit drei Jahren als Interimspräsident. In der Hauptstadt des Nachbarlands Mali sollte er am zweiten gemeinsamen Gipfeltreffen der »Allianz der Sahelstaaten« (AES) teilnehmen. Die Zusammenkunft war jedoch bereits am Vortag eröffnet worden.
Das aus Mali, Burkina Faso und der ebenfalls benachbarten Republik Niger bestehende Bündnis war am 16. September 2023 gegründet worden, ursprünglich vor allem als Verteidigungsabkommen im Zusammenhang mit der Bedrohung der Sahelländer durch Dschihadisten sowie aus nomadischen Bevölkerungsgruppen rekrutierte bewaffnete Banden. Im Norden von Mali sind ferner auch Tuareg-Separatisten aktiv. Grundlagentext der Allianz ist die »Charta von Liptako-Gourma«, benannt nach einer Landschaft im Dreiländereck der betreffenden Staaten.
Der Gipfel vom Montag und Dienstag sollte eine neue, solidere Grundlage für die Zusammenarbeit der drei seit Umstürzen in den Jahren 2020, 2022 respektive 2023 von Militärregierungen geführten AES-Kernländer schaffen, denen sich in Zukunft eventuell noch weitere Länder der Region wie Togo anschließen möchten. Zu den Programmpunkten zählt die Aufstellung gemeinsamer integrierter Militäreinheiten vor allem zur Abwehr der Dschihadisten. Die mit dem internationalen Netzwerk Al-Qaida verbundene »Gruppe zur Verteidigung des Islam und der Muslime« (arabisch JNIM abgekürzt) versucht seit September, die Regierung Malis durch Angriffe auf Tanklastwagen zwecks Lahmlegung der Treibstoffversorgung des Landes in die Knie zu zwingen. Mali schuf unterdessen eine hochmobile, auf Motorräder gestützte Brigade unter dem Namen »Schnelle Eingreifbataillone« (französisch BIR). Diese sollen in der Region als Modell dienen.
Die Aufstellung gemeinsamer Armeeeinheiten hat bereits begonnen. Darin scheint zugleich der Grund für die ostentative Verspätung des burkinischen Präsidenten Traoré auf dem Gipfel zu liegen. Streitpunkt ist aber keineswegs das Prinzip, sondern der Zeitpunkt. Denn die Regierung Malis unter Präsident Assimi Goïta, die nun anderthalb Jahre lang den ersten Vorsitz der AES innehatte, wollte noch vor der satzungsgemäß vorgesehenen Übergabe der Leitung an Burkina Faso Fakten schaffen, wohl unter anderem auch, um sie sich zugute halten zu können. Dagegen wollten die Nachbarn in Ouagadougou gerne noch ein bisschen warten, damit die Installierung der neuen Einheiten unter ihrer Leitung stattfinden könne. Dass nicht nur Traoré mit Verspätung eintraf, sondern auch die Delegation seines Landes zu Gipfelbeginn nicht groß ausfiel, deutet auf gewisse Spannungen hin, die allerdings eher als Rivalitäten denn als grundsätzliche Divergenz zu werten sind. Am Montag war das Land bei der Eröffnungszeremonie in Bamako lediglich mit seinem Verteidigungsminister vertreten, während die Republik Niger immerhin mit dessen Ministerkollegen, aber auch Generalstabschef Salaou Barmou und zwei Armeeeinheiten zugegen war.
Wichtige ökonomische Weichenstellungen sollten auf dem Gipfel ebenfalls erreicht werden: Eine bessere Kooperation bei der Energieversorgung und in der Wirtschaftspolitik soll eingeleitet werden, darunter im Bergbausektor. Durch die Neuaushandlung von Minenverträgen mit internationalen Firmen zugunsten der öffentlichen Hand konnte die Republik Mali soeben 1,2 Milliarden US-Dollar zusätzlich in den Staatshaushalt holen. Geplant ist auch eine Ersetzung der an die französische Zentralbank angebundenen neokolonialen Währung CFA-Franc durch ein eigenes regionales Zahlungsmittel. Dazu gibt es in Westafrika mehrere konkurrierende Initiativen – eine war 2019/2020 auch vom profranzösischen Präsidenten der Côte d’Ivoire, Alassane Ouattara, angekündigt worden. In diesem Falle wohl eher, um sich an die Spitze der Bewegung für eine unabhängige Währung zu setzen und sie dann zu sabotieren.
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