Kanzler lädiert
Von Reinhard Lauterbach
Mit seinem Vorpreschen im Vorfeld des EU-Gipfels hatte Bundeskanzler Friedrich Merz unmissverständlich Berlins Anspruch illustriert, EU-intern eine »Führungsrolle« in der Ukraine-Politik einzunehmen. Das tatsächliche Ergebnis sieht weit bescheidener aus. Erstens deshalb, weil die Merzsche Forderung nach Nutzung des einstweilen eingefrorenen russischen Staatsvermögens zur Absicherung neuer Ukraine-Kredite am Widerstand etlicher – und peinlicherweise kleiner – EU-Länder gescheitert ist. Deren Vertreter haben Merz statt dessen eine Lösung aufgezwungen, die ihm eben noch gestattet, das Gesicht zu wahren. Doch um welchen Preis: der Ausgabe von Euro-Bonds, also gemeinschaftlichen Schulden im Namen der EU. Etwas, das Merz ursprünglich um jeden Preis hatte verhindern wollen. Beharrlich hielt der Kanzler an der Hoffnung fest, dass die BRD mit ihrem AAA-Rating ihren Finanzbedarf werde billiger decken können als über gemeinschaftliche Schulden der EU.
Das Gipfelergebnis bleibt auch in anderer Hinsicht hinter den Hoffnungen von Merz und seiner Parteifreundin Ursula von der Leyen zurück: 90 Milliarden Euro reichen mitnichten zur völligen Absicherung des ukrainischen Finanzbedarfs für zwei Jahre. Der wurde von ukrainischer Seite zwar auf 90 Milliarden Euro beziffert, allerdings pro Jahr. Es scheint damit absehbar, dass die Europäische Union schon bald wird nachschießen müssen – oder man belässt die Ukraine, was natürlich auch ein bewährtes Druckmittel wäre, über die kommenden zwei Jahre in einem Stand finanzieller Ungewissheit. Denn dass sich Teile der ukrainischen Elite offenbar von der europäischen Finanzhilfe zur Unverschämtheit hinreißen lassen, zeigt die Äußerung des Kiewer Parlamentsabgeordneten Mikola Knjaschizkij, die EU sei wirtschaftlich so stark, dass sie sich die Unterstützung der Ukraine – und das Abzapfen von EU-Geld in irgendwelche Korruptionskanäle – unbegrenzt leisten könne. Das hätten sie gern, die Kiewer.
Der Raubgriff der EU auf das russische Staatsvermögen ist aufgeschoben. Dafür dürfte sich der Raubzug der EU verschieben – in Richtung Lebensstandard ihrer Bevölkerungen. An ihnen werden sich die Brüsseler Kriegsfinanzierer schadlos halten wollen. Sie werden als Steuerzahler für die Großzügigkeit ihrer Regierenden gegenüber dem notorischen schwarzen Loch Ukraine aufkommen müssen. Der Angriff auf die Reste des Sozialstaats gewinnt durch die »Ukraine-Hilfe« an Evidenz als »Sachzwang« des Schuldendienstes. Westeuropas Bevölkerungen werden sich andere Gegenmittel einfallen lassen müssen, um diesen Raubzug abzuwehren, als Gerichtsverfahren, wie sie dem russischen Staat zur Verfügung stehen. Obwohl es in der Summe um ähnliche Größenordnungen geht, die die Lohnabhängigen der EU haben oder eben nicht mehr.
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