Von wegen Bildungsoffensive
Von Ralf Wurzbacher
Im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD steht dieser Satz: »Wir legen ein Investitionsprogramm auf, um bei der Sanierung und Substanzerhaltung von Schulen und der Schaffung neuer Kapazitäten zu unterstützen.« Klingt so der Sound von Aufbruch? Wohl kaum. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) hat durch das Forsa-Institut bundesweit über 1.300 Schulleitungen befragen lassen, wie es um die Ertüchtigung der in Jahrzehnten kaputtgesparten Lehranstalten steht. Antwort: Es passiert wenig bis gar nichts. In den Worten des Verbandsvorsitzenden Tomi Neckov: »Es kommt nicht genug Geld an. Und wenn, dann wird nicht sichergestellt, dass Schulbauten qualitativ hochwertig umgebaut und modernisiert werden.«
Dabei hatte die Bundesregierung hohe Erwartungen geweckt. Mit der Auflage des sogenannten Sondervermögens für Infrastruktur werde endlich auch dem Sanierungstau im Schulwesen begegnet, lautete die Ansage. Die anfängliche Euphorie ist längst der Ernüchterung gewichen. Statt die fraglichen 500 Milliarden Euro in vollem Umfang wie versprochen »zusätzlich« zu investieren, stopft die Koalition damit Haushaltslöcher. Von den neuen Krediten in Höhe von 271 Milliarden Euro bis 2029 würden »bis zu 133 Milliarden, also fast 50 Prozent, zweckentfremdet«, rechnete unlängst das Institut der Deutschen Wirtschaft vor. So verkomme das Projekt zu einem »Verschiebebahnhof«.
Beim VBE beschwört man trotzdem das Prinzip Hoffnung. Mit dem Infrastrukturpaket entstehe »jetzt ein Momentum, das es zu nutzen gilt«, äußerte Neckov am Dienstag in einer Medienmitteilung. Tatsächlich sind in der mittelfristigen Finanzplanung des Bundes höhere Ausgaben für Bildung vorgesehen. Wohin die Mittel konkret fließen, ist aber längst nicht geklärt. In Stellungnahmen der Regierung finden sich Bekenntnisse zum Ausbau von Kitas und zur Digitalisierung der Schulen, aber kein Wort dazu, die Schulen baulich auf Vordermann zu bringen. Dabei wird allein der Sanierungstau bei den Gebäuden von den Kommunen mit knapp 68 Milliarden Euro beziffert. Laut Forsa-Erhebung sehen zwei Drittel der Schulleiter hier dringenden Handlungsbedarf. Aber nur ein Fünftel von ihnen gab an, Mittel zu erhalten.
Auch die Hochschulen sind vielfach in erbärmlichem Zustand. Die Wissenschaftsminister der Länder taxieren den Instandsetzungsbedarf auf 140 Milliarden Euro, ohne die Unikliniken und ohne Berücksichtigung des notwendigen Aus- und Überbaus. Wie viel Geld stellt die Koalition im 2025er Haushalt für ihre »Schnellbauinitiative« zur Verfügung? 60 Millionen Euro. »Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein«, findet Andreas Keller, Bundesvorstandsmitglied bei der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). »Es ist eine üble Taktik, die Verteilungskämpfe, die die Koalition nicht lösen möchte, an die Bildungseinrichtungen zu delegieren«, befand er am Dienstag gegenüber jW. »Der Bund muss nicht nur kräftig nachlegen für Hochschulen, Kitas und Schulen, sondern auch dauerhaft am Ball bleiben.«
Immerhin: An 21 Prozent der von Forsa befragten Schulen finden derzeit Umbaumaßnahmen statt, in 34 Prozent der Fälle laufen entsprechende Planungen. Allerdings werde dabei häufig keine externe Expertise eingebunden, beklagte Verbandschef Neckov. »Wer die Kinder von heute auf die Welt von morgen vorbereiten möchte, braucht dafür einen Schulbau, der das Lehren und Lernen unterstützt – qualitativ hochwertig, pädagogisch wertvoll und nachhaltig umgesetzt.« Im Positionspapier »Qualität im Schulbau« haben die Montag-Stiftung Jugend und Gesellschaft, der Bund Deutscher Architektinnen und Architekten (BDA) und der VBE Empfehlungen formuliert, wie Schulen »pädagogisch fundiert, architektonisch durchdacht und nachhaltig geplant saniert, modernisiert und neu gebaut werden können«. Dabei geht es auch um das Thema Inklusion, also die Bedingungen, unter denen körperlich und geistig beeinträchtigte Schüler lernen. Bei der Erhebung äußerten 47 Prozent der Befragten, dass ihre Schule »überhaupt nicht barrierefrei« sei. Für Nordrhein-Westfalen äußerten dies sogar 57 Prozent der Schulleiter.
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