Rechte Festwochen bei Die Linke
Von Max Grigutsch und Nico Popp
Die Bundesschiedskommission der Partei Die Linke hat den Parteiausschluss des palästinasolidarischen Aktivisten Ramsis Kilani am Sonnabend bestätigt. Während sich vor dem Karl-Liebknecht-Haus etwa 100 Menschen an einer Protestkundgebung gegen den Ausschluss beteiligten, entschied das achtköpfige Gremium, die Berufung gegen den Beschluss der Schiedskommission des Berliner Landesverbandes vom Dezember 2024 zurückzuweisen.
Kilani selbst wurde in der Sache nicht mehr angehört. Sein Rauswurf ist damit vollzogen. »Der rechte Parteiflügel wird gedeckt, der linke Parteiflügel wird ausgeschlossen und marginalisiert«, sagte Kilani nach dem Beschluss vor Journalisten. Den Ausschluss beantragt hatten die ehemalige Berliner Landesvorsitzende Katina Schubert und der EU-Parlamentsabgeordnete und ehemalige Koparteichef Martin Schirdewan.
Den Vorstoß zum Ausschluss Kilanis betrachten kritische Parteimitglieder vielfach als Machtdemonstration und Disziplinierungsmaßnahme des im Apparat und in vielen Vorständen überproportional stark vertretenen rechten Parteiflügels, der den neueren Zustrom vieler palästinasolidarischer Mitglieder mit Unbehagen verfolgt und bei dem Berliner Landesparteitag im Oktober 2024 mit einem Antrag zum Thema Antisemitismus und Nahostkonflikt aufgelaufen war. In der Begründung des Ausschlusses hatte die Berliner Landesschiedskommission Kilani vorgehalten, dass in der Solidarisierung »die Grenze dort erreicht« sei, »wo der Antragsgegner sich nicht klar genug gegen die Menschenrechtsverbrechen der Hamas und die Gewalttätigkeit gegenüber israelischen Zivilistinnen und Zivilisten abgrenzt«. Damit habe Kilani in schwerwiegender Weise »Glaubwürdigkeit und Ansehen der Partei« beschädigt. Kilani, der 2014 bei einem israelischen Luftangriff auf Gaza mehrere Familienangehörige verlor, hatte im Januar 2025 gegenüber jW erklärt, dass von der Schiedskommission die »Gewalt von Unterdrückern und Unterdrückten« undifferenziert gleichgesetzt werde. Damit würde die Schiedskommission ihrerseits »linke Grundprinzipien« aufgeben.
Nach dem Bekanntwerden der Entscheidung gegen Kilani besetzten am Sonnabend einige Protestierende kurzzeitig den Eingangsbereich des Karl-Liebknecht-Hauses. Eine Vertreterin der Landesarbeitsgemeinschaft Palästinasolidarität formulierte Forderungen an die Partei: »keine Linke ohne Ramsy« und »Aufarbeitung der gegen Ramsy Kilani gerichteten Kampagne«. Palästinasolidarische Stimmen müssten geschützt werden. »Politische Differenzen müssen politisch geklärt werden, nicht durch Ausgrenzung«, ergänzte sie.
Kilani sagte, das Vorgehen schade dem »Kampf gegen echten Antisemitismus«. Für diejenigen, die das Ausschlussverfahren gegen ihn betrieben hätten, sei auch die Gruppe »Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost« antisemitisch. Der Kampf für die Freiheit Palästinas sei indes verbunden mit dem Kampf gegen Antisemitismus.
Vor Ort waren auch zwei Vertreter des Berliner Ablegers der französischen Linkspartei La France insoumise. Sie zeigten sich, wenige Tage nach der kurzfristigen Verweigerung eines bereits zugesagten Raumes im Karl-Liebknecht-Haus für eine palästinasolidarische Veranstaltung mit der EU-Parlamentsabgeordneten Emma Fourreau, einmal mehr »schockiert« darüber, dass palästinensische Stimmen in der Linkspartei »mit dieser Kälte zum Schweigen gebracht werden«. Kilani müsse wieder Mitglied der Partei werden. Björn Tielebein, Landesgeschäftsführer von Die Linke Berlin, wollte das Geschehen am Sonnabend gegenüber jW nicht kommentieren.
Die extreme Rechte in der Linkspartei konsolidiert unterdessen weiter ihre Positionen. Am Wochenende hat sich die proimperialistische »Bundesarbeitsgemeinschaft Shalom« formell konstituiert. Darüber und über den Ausschluss Kilanis freute sich am Sonnabend Andreas Büttner, Antisemitismusbeauftragter des Landes Brandenburg und Mitglied der Partei Die Linke. »Das sind doch gute Neuigkeiten am heutigen Tage«, schrieb er auf der Plattform X. Einen gegen Büttner gerichteten Ausschlussantrag hatte die Schiedskommission des Landesverbandes Brandenburg kürzlich abgeschmettert. Der Antrag war im Mai eingereicht worden. Die Antragsteller hatten unter anderem angeführt, dass Büttner die Maßnahmen gegen das Palästinenserhilfswerk UNRWA und Waffenlieferungen an Israel befürworte, die Golanhöhen als israelisches Territorium betrachte und die Anerkennung eines palästinensischen Staates ablehne. Damit verstoße er gegen Parteibeschlüsse und missachte das Programm, UN-Resolutionen und das Völkerrecht. Den Ausschlussantrag verwarf die Kommission als »offensichtlich unbegründet«.
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Leserbrief von Jens Knorr aus Berlin (25. November 2025 um 13:22 Uhr)In einer Partei, deren Führung, die sich offensichtlich auf die Mehrheit in dieser Partei stützen kann, den Genozid am palästinensischen Volk leugnet und faschistische Regime unterstützt, hat man als Linker nichts verloren – als jüdischer Linker oder linker Jude übrigens auch nichts!
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Leserbrief von Silke Buchholz aus Hamburg (24. November 2025 um 16:29 Uhr)Ein Rausschmiss, wie vom Ramsi Kilani, darf in einer Linken einfach nicht geschehen! Diese Partei wird immer unwählbarer.
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Leserbrief von B. Krumm (24. November 2025 um 15:51 Uhr)Schmierentheater bei Linken. Vorwürfe an Ramses Kilani können 1:1 auf Ballerbodo aus Thüringen übertragen werden. Aber dieser ehemalige Gewerkschaftsopportunist ausm Westen hat sich ja zum einzigen MP eines Landes dieser Partei hochgedient, der darf das. Was ist eigentlich zum Antrag auf Parteiausschluss von ihm geworden? Mit seinem Parteiprogramm wischt er sich ja gern mal den Allerwertesten ab. Schweigen im linken Walde. Kotz! Das Peter-Prinzip läuft leider auch bei den Linken. Nur die Unfähigsten schaffen es nach oben. Ellenbogen, große Schnauze, inkompetent und korrupt – e voilà – fertig ist der Spitzenpolitiker. Frag mich manchmal, wie Lothar Bisky das ausgehalten hat. Finstre Grüße aus Sachsen an Schirdewan und Konsorten!
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Leserbrief von Onlineabonnent/in H.-J. R. aus Berlin (24. November 2025 um 19:41 Uhr)Im Prinzip srtimme ich ihrem Leserbrief zu. Allerdings wage ich einzuwenden, dass Lothar Bisky das heute klassenverräterisch-opportunistische Wesen der Partei Die Linke mit seiner selbst reformistischen Haltung in die vorherrschende Huldigung zur Marktwirtschaft – vielleicht aus politischer Naivität »nur«, was jedoch nichts am Ergebnis ändert – konterrevolutionär befördernd war mit nahezu logisch folgendem automatisiert losgetretenen Lawinenwall. Von Lenins bewiesener Revolutionstheorie befand sich der einst als 18jähriger aus der BRD in die DDR kommende Lothar Bisky, trotz seiner Verdienste und Funktionen für die DDR-Kulturentwicklung, ideologisch in der Phase der Konterrevolution gegensätzlich entfernt.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Günter R. aus Stuttgart (24. November 2025 um 10:58 Uhr)Wäre interessant zu wissen, wie viele Mossad-Agenten oder Angehörige anderer israelischer Geheimdienste bei der sog. Linken aktiv sind. Das Hasbara-Budget ist jedenfalls hoch. Ob davon Menschen profitieren, die bei jeder kleinsten Kritik an der israelischen Regierung »Antisemitismus« schreien und Sanktionen – welcher Art auch immer – fordern, wäre auch interessant zu wissen. Der Rausschmiss von R. Kilani mit den entsprechenden Verleumdungen erinnert mich an die Diffamierung der Linken Abgeordneten im Nachgang der Free Gaza Flottille 2010. Damals wurden die sechs Schiffe von den israelischen IOF (Israeli Occupation Forces) überfallen und die AktivistInnen in israelische Gefängnisse gebracht. Auf der Mavi Marmara wurden 9 Menschen von IOF getötet – teilweise gezielt! Bin gespannt, wie die Linken in der Linken sich nach dem Rausschmiss verhalten! Annette Groth, Ex-MdB
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Manfred G. aus Hamburg Altona, Manfred Guerth (24. November 2025 um 21:28 Uhr)Ideologisch mindestens 90%.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in H.-J. R. aus Berlin (23. November 2025 um 20:02 Uhr)Ramsis Kilanis Rausschmiss ist für mich zionistisch und damit rassistisch. Diese Appartschiks lassen sich nur als Menschewiki und staatsdemagogisch einordnen.
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