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Aus: Ausgabe vom 18.11.2025, Seite 3 / Ansichten

Zeichen des Widerstands

Referendum in Ecuador
Von Volker Hermsdorf
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Die von den USA und der ecuadorianischen Rechten verlangten Verfassungsänderungen kamen nicht durch (Petrillo, 16.11.2025)

Die Bevölkerung Ecuadors hat dem rechten Staatschef Daniel Noboa einen Dämpfer verpasst. In einem Referendum beantwortete eine deutliche Mehrheit am Sonntag alle vier vom Präsidenten zur Abstimmung gestellten Fragen mit einem Nein – ein klares Signal. Am deutlichsten fiel die Absage an das Vorhaben aus, ausländische – de facto US-amerikanische – Militärstützpunkte im Land wieder zuzulassen, 17 Jahre nach Auflösung der US-Basis in der Hafenstadt Manta. Mit mehr als 60 Prozent der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von über 80 Prozent erfolgte die Ablehnung zeitgleich mit dem größten US-Truppenaufmarsch seit dem Golfkrieg.

Das Ergebnis ist weit mehr als eine politische Niederlage für den Bananenmilliardär. Es ist ein klares Bekenntnis zur nationalen Souveränität und eine Absage an die Versuche Washingtons, sich den einstigen »Hinterhof« zurückzuholen. Nur wenige Tage vor der Abstimmung hatte US-Heimatschutzministerin Kristi Noem gemeinsam mit Noboa potentielle Standorte für neue US-Stützpunkte inspiziert – in der offensichtlichen Erwartung eines Ja aus Quito. Diese Fehleinschätzung fällt nun nicht nur auf Noboa zurück, sondern auch auf dessen Förderer in den USA. Mehrere Beobachter bezeichneten die Klatsche für Noboa zu Recht auch als Niederlage für Donald Trump. Das strategische Interesse der USA, Ecuador im Ostpazifik als Kontrollpunkt gegenüber chinesischer und russischer Einflussnahme und in Lateinamerika als Aufmarschgebiet gegen Venezuela zu nutzen, ist damit – zumindest vorerst – ausgebremst.

Das Votum schwächt Noboa als einen der engsten Verbündeten der Trump-Regierung in Lateinamerika auch innenpolitisch. Die Abstimmung zeigte, dass selbst eine millionenschwere Regierungspropaganda nicht verhindern konnte, dass die Bevölkerung Noboas neoliberale »Reformen« und Kürzungspläne zurückweist. Weder die Streichung der staatlichen Parteienfinanzierung noch die drastische Reduzierung der Sitze in der Nationalversammlung fanden Zustimmung. Während Noboa nach kaum einem halben Jahr im Amt bereits schwer angeschlagen ist, hat die Abstimmung zugleich eine zuvor zersplitterte Opposition sichtbar geeint – von indigenen Organisationen über soziale Bewegungen bis zur Linken um die »Revolución Ciudadana«. Das Referendum vom Sonntag könnte den Beginn des politischen Niedergangs Noboas markieren: Die Regierung steht ohnehin unter Druck durch Proteste gegen die Abschaffung der Dieselsubventionen und permanente Menschenrechtsverletzungen, durch Arbeitskämpfe, Korruptionsaffären und die wachsende Enttäuschung über gebrochene Versprechen.

In einer Region, die in mehreren Ländern einen Rechtsruck erlebt, hat die Bevölkerung Ecuadors ein Zeichen des Widerstands gesetzt. Ob dieser Erfolg dazu beiträgt, die neoliberale Offensive und Washingtons militaristische Ambitionen aufzuhalten, bleibt jedoch offen.

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