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Aus: Ausgabe vom 18.11.2025, Seite 1 / Ansichten

Frage des politischen Willens

Liebknecht-Luxemburg-Ehrung gefährdet
Von Nick Brauns
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Polizei sieht blau: Auf der LL-Demonstration 2021 dienten FDJ-Symbole als Vorwand für Polizeiübergriffe (10.1.2021)

Seit ihrer Ermordung durch Freikorpssoldaten mit Billigung des sozialdemokratischen Kriegsministers Gustav Noske 1919 wird Karl Liebknechts und Rosa Luxemburgs auf dem Friedhof der Sozialisten in Berlin-Friedrichsfelde gedacht.

Hoffnungen der Herrschenden, mit dem Ende der DDR werde auch das Gedenken an die beiden Kommunisten erlöschen, erfüllten sich nicht. Bis heute strömen alljährlich am zweiten Sonntag im Januar Zehntausende kämpferisch auf der LL-Demonstration oder individuell im stillen Gedenken zu den Gräbern.

Doch jetzt scheint die Ehrung akut bedroht. Weil Bauarbeiten am Vorplatz des Friedhofs nicht fristgerecht beendet wurden, will das Bezirksamt Lichtenberg in Absprache mit der Polizei »vorerst« keine Genehmigung erteilen. Wenn ein Bauprojekt in Berlin einmal länger dauert, muss nicht gleich eine Verschwörung vermutet werden. Dass der Schlendrian in diesem Fall Antikommunisten in Bezirk und Senat gelegen kommt, darf unterstellt werden.

Denn Versuche, die LL-Ehrung zu be- oder verhindern, gab es vielfach. Im Jahr 2000 wurde sie verboten, nachdem ein Provokateur mit einem Blutbad gedroht hatte. Verletzt wurden Demonstranten, die sich dem auch von rabiaten PDS-Ordnern umgesetzten Verbot widersetzten, durch Polizeiknüppel. Routinemäßig versucht die bürgerliche Presse das Gedenken als anachronistischen Aufmarsch von DDR-Nostalgikern, »autoritären Linken« und »Antisemiten« zu diffamieren. Ein 2006 auf dem Friedhof eingeweihter Gedenkstein für »Opfer des Stalinismus« befeuerte vor allem innerlinken Streit. Während der Pandemie kesselte die Polizei Demonstranten ein, um deren Gesundheit sie angeblich besorgt war. Und immer wieder dienten kurdische Fahnen, FDJ-Hemden oder palästinensische Parolen als Vorwand für Prügelorgien der Polizei. Dem kraftvollen Gedenken an Liebknecht, Luxemburg und verstärkt auch wieder Lenin tat all dies keinen Abbruch.

Ob und in welcher Form am 11. Januar 2026 im Geist der Revolutionäre gegen Militarismus und Krieg und für den Sozialismus demonstriert wird, ist daher keine Frage der Straßenverkehrsordnung, sondern eine des politischen Willens.

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