Aus dem Mund des Merz
Von Kristian Stemmler
Auf das Erstarken der AfD mit dem Bedienen rassistischer Ressentiments zu reagieren, scheint nach wie vor das Rezept der Union zu sein. Nachdem der CDU-Vorsitzende und Bundeskanzler Friedrich Merz am Dienstag in Potsdam von problematischen Stadtbildern in deutschen Kommunen in Verbindung mit den Folgen staatlich unerwünschter Migration gesprochen hatte, wird er dafür nun nicht nur von der Opposition gegeißelt. Auch innerparteilich gehen manche Amtsträger auf Distanz.
Der Sauerländer war in Potsdam während seines Antrittsbesuchs bei der SPD-geführten brandenburgischen Regierung von einem Reporter auf das Erstarken der AfD angesprochen worden. Er antwortete, dass die Bundesregierung Fortschritte in der Migrationspolitik mache. Dann fügte er im Beisein seines Gastgebers, Ministerpräsident Dietmar Woidke, hinzu: »Aber wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem, und deswegen ist der Bundesinnenminister ja auch dabei, jetzt in sehr großem Umfang auch Rückführungen zu ermöglichen und durchzuführen.« Ähnlich hatte sich Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bereits Ende September gegenüber dem Münchner Merkur geäußert. Er hatte mehr Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien gefordert, damit sich das Stadtbild wieder verändere.
Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke kritisierten die Äußerung. Grünen-Chef Felix Banaszak sagte am Freitag gegenüber dpa: Wenn der Bundeskanzler »von einem Stadtbild auf die Notwendigkeit weiterer Abschiebungen« schließt, dann sende er ein »fatales Signal«. Das sei respektlos, gefährlich und »eines Kanzlers unwürdig«. Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge hatte bereits am Donnerstag im Bundestag erklärt, die Aussage des Kanzlers sei »verletzend, diskriminierend und unanständig«. An Merz gewandt fragte sie: »Wie sieht man denn das ›Problem‹ außer an der Hautfarbe der Menschen?«
Der Linke-Fraktionsvorsitzende Sören Pellmann schloss sich im Bundestag der Aufforderung der Grünen an, dass sich der Kanzler für die Äußerung zu entschuldigen habe. »Der offensichtliche Ausrutscher Ihrer Formulierung war nicht nur deplatziert, sondern es hat einen weiteren Stachel in unsere Demokratie gesetzt«, sagte Pellmann. Dessen Fraktionskollege Ferat Koçak nannte die Formulierung des Kanzlers »brandgefährlich« und sprach von »blankem Rassismus«.
Kritik kam auch vom Koalitionspartner. Wenn ein Bundeskanzler Migration, Rückführungen und das Stadtbild in einem Atemzug nenne, sei das »keine unbedachte Formulierung«, monierte Rasha Nasr, Sprecherin für Migrationspolitik in der SPD-Fraktion, gegenüber dem Spiegel. Vielmehr sei die Bemerkung »Zunder in einer aufgeheizten Debatte«. Auch Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) ging auf Distanz zu seinem Bundesvorsitzenden. Es gebe ein Problem »mit Gewalt, Müll und Kriminalität in der Stadt«, sagte er dem Tagesspiegel, aber das könne man »nicht an der Nationalität festmachen«.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) stellte sich dagegen hinter seinen Vorsitzenden. Gegenüber dem Spiegel erklärte er, die Zeitungen seien »voll von Gewalttaten. Menschen, von denen wir dann feststellen, dass sie eigentlich vollziehbar ausreisepflichtig sind«. Es sei nicht damit getan, dass die Anzahl der Menschen, die nach Deutschland kämen, reduziert werde, es müsse auch gelingen, »unsere Normen, unsere Werte durchzusetzen«. Unions-Fraktionschef Jens Spahn hatte Merz am Donnerstag im Bundestag zugestimmt. »An den Hauptbahnhöfen, auf den Marktplätzen dieses Landes« seien die Folgen »irregulärer Migration« zu sehen. Man müsse darüber reden, »was das mit diesem Land macht«, meinte Spahn.
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