Drohung und Trotz
Von Volker Hermsdorf
Der mögliche Beginn eines Krieges in Lateinamerika rückt in gefährliche Nähe. US-Kriegsminister Pete Hegseth erklärte den größten Flottenaufmarsch seit dem Golfkrieg am Donnerstag offiziell zur Operation »Southern Spear«. Mit Eintreffen der »USS Gerald R. Ford«, des größten Flugzeugträgers der Welt, verstärken die USA ihre Militärpräsenz in der Region auf mehr als 12.000 Soldaten. Die Speerspitze des Pentagons ist unmissverständlich auf Caracas gerichtet, die 3.300 Kilometer südöstlich von Washington gelegene Hauptstadt Venezuelas. Der Sturz von Präsident Nicolás Maduro, auf den die US-Justiz bereits vor Wochen 50 Millionen Dollar Kopfgeld ausgesetzt hat, ist das erklärte Ziel der Regierung von Donald Trump.
Deren Kriegspläne laufen auf Hochtouren. Wie CBS News unter Berufung auf das Weiße Haus berichtet, legten hochrangige US-Militärs, darunter Kriegsminister Hegseth und Generalstabschef Daniel Caine, dem Präsidenten am Donnerstag bereits aktualisierte Optionen für eine Militäroperation gegen Venezuela vor – einschließlich möglicher Bodenangriffe. Zwar sei die endgültige Entscheidung über eine Intervention noch nicht gefallen, doch die Stoßrichtung ist klar. Während das Portal Axios noch darüber rätselte, ob »Southern Spear« nur ein neuer Name für bestehende Aktionen oder der Startschuss für eine »erweiterte Mission« sei, spekulierte die US-Agentur AP am Freitag bereits darüber, »wie wahrscheinlich es ist, dass US-Kampfflugzeuge von der USS Gerald R. Ford starten, um Ziele in Venezuela zu bombardieren«.
Während Pete Hegseth behauptet, die Mission werde »Narco-Terroristen aus unserer Hemisphäre beseitigen und unser Heimatland vor Drogen schützen«, bezweifeln selbst prowestliche Beobachter den offiziellen Vorwand. »Ein Flugzeugträger bringt nichts mit, was im Kampf gegen den Drogenhandel nützlich wäre«, erklärte Elizabeth Dickinson vom Thinktank International Crisis Group. Der dubiose Charakter der Operation zeigt sich in den bereits auf Trumps Befehl erfolgten Angriffen, bei denen US-Militärs in den vergangenen zwei Monaten mindestens 21 zivile Boote zerstörten und 80 Menschen töteten. Dass es Washington tatsächlich um eine militärische »Lösung« geht, vermutet auch Bryan Clark, ehemaliger U-Boot-Offizier und Experte beim konservativen Thinktank Hudson Institute: Die Regierung hätte den Flugzeugträger nicht entsandt, »wenn sie nicht die Absicht hätte, ihn zu nutzen«, sagt er. Washington wolle »tatsächlich militärische Operationen durchführen – es sei denn, Maduro tritt zurück«, so der Exoffizier.
Angesichts der akuten Gefahr warnt Venezuela vor einer Neuauflage der Monroe-Doktrin zur Rechtfertigung imperialistischer Raubzüge in der gesamten Region. Das Parlament verabschiedete am Dienstag ein Gesetz zum »integralen Schutz der Nation«, das Streitkräfte, Polizei und Bevölkerung in einer neuen Kommandostruktur vereint. Zur Abwehr mobilisiert Caracas derzeit 200.000 Soldaten und bereitet den Volkskrieg mit Guerillataktiken vor. Das staatliche Fernsehen zeigte landesweite Formationen von Militärs, Polizisten und Milizen. »Wir sind bereit – für den unbewaffneten, doch falls nötig auch für den bewaffneten Kampf«, betonte Vizepräsidentin Delcy Rodríguez. Außenminister Yván Gil wies derweil Äußerungen des UN-Sprechers Stéphane Dujarric zurück, der sowohl Washington als auch Caracas zur »Deeskalation des Konflikts« aufgerufen hatte. »Dies ist keine Konfrontation zwischen zwei Staaten. Es gibt von unserer Seite keinen Streit mit den USA. Nicht Venezuela ist die Bedrohung – wir werden einseitig angegriffen«, stellte Gil klar.
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