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Aus: Ausgabe vom 14.11.2025, Seite 4 / Inland
Zensur an Berliner Universitäten

Eine AfD-Beschwerde genügt

Berlin: Mehrere Universitäten verhindert oder zensieren Versammlungen von »Studis gegen rechts«
Von Marc Bebenroth
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Ihr Engagement reicht mittlerweile über Berliner Campusse hinaus – Demo zum 1. Mai 2024

Drei von vier Berliner Universitäten unterbinden Versammlungen von Studenten, die sich gegen rechts – genauer: gegen die neue AfD-Jugend – engagieren. Die vierte im Bunde öffnete ihre Türen, nur um dann den jungen Menschen den Mund zu verbieten. Dafür benötigte es offenbar nicht einmal einen Anruf der Rechtsaußenpartei. Ein Anschreiben genügte.

Am Mittwoch haben die Humboldt-Universität (HU) und die Freie Universität (FU) der Gruppe »Studis gegen rechts« das Nutzen von Räumen verweigert und so eine geplante Aktionskonferenz zur Vorbereitung auf das AfD-Treffen am 29. und 30. November im hessischen Gießen verhindert. Tags darauf verweigerte auch die Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin der Gruppe Räume, wie junge Welt am Donnerstag erfuhr. In Gießen soll die Jugendorganisation der Rechtsaußenpartei offiziell aus der Taufe gehoben werden. Seit Wochen wird bundesweit zu Protest dagegen mobilisiert.

Die AfD habe sich »über die geplante Aktionskonferenz beschwert«, teilte die HU auf Anfrage der Taz am Mittwoch mit. Für die Konferenz seien »nie Räume zugesagt« worden. Gegenüber dem Blatt wurde das Androhen rechtlicher Schritte durch die Partei dementiert. Gegenüber der Morgenpost erklärte der wissenschaftspolitische Sprecher der Berliner AfD dagegen, genau das getan zu haben. »Ich habe heute Morgen eine E-Mail an alle drei Präsidenten geschrieben«, sagte Martin Trefzer der Zeitung und sprach demnach von einem »eklatanten Verstoß gegen die politische Neutralitätspflicht« – ein bei der AfD etabliertes Manöver, um kritische Stimmen gerade im Bildungssektor zum Schweigen zu bringen. Eine Antwort der Universitätsleitungen habe Trefzer zwar nicht bekommen, berichtete das Blatt weiter, dennoch führe er die Absagen auf seine »Kontaktaufnahme« zurück.

Von der FU war ein Raum ursprünglich zugesagt worden. Das sei zurückgenommen worden, weil die Anmelder nicht angegeben haben sollen, »dass es sich um eine Veranstaltung handelt, bei der es explizit um Aktionen gegen eine politische Partei gehen sollte«, teilte die FU am Mittwoch mit. Der Zweck des Treffens, »die Verhinderung der Gründung einer parteinahen Jugendorganisation«, sei den Verantwortlichen erst nach erteilter Genehmigung bekannt geworden, heißt es weiter. Beide Behauptungen weisen die »Studis gegen rechts« zurück. Die Gruppe habe »nie gelogen über den politischen Inhalt« der geplanten Veranstaltungen, sagte die an der FU aktive Studentin Tony am Donnerstag im jW-Gespräch. Plakate zur Ankündigung der Versammlung hätten seit Wochen auf dem Unigelände ausgehangen. Darauf sowie in der Anmeldung sei das Vorhaben der Gruppe nicht verheimlicht worden.

An der TU konnte eine Veranstaltung stattfinden, aber keineswegs wie geplant. Laut Taz-Bericht wurde den Studenten auferlegt, während der Veranstaltung »keine parteipolitischen Äußerungen« zu tätigen. Der Raum sei für »demokratische Meinungsäußerungen« zur Verfügung gestellt worden – ein Unterschied, der sich vermutlich nur den Verantwortlichen der TU Berlin erschließt. Die Einschränkungen bzw. Absagen bezeichneten die »Studis gegen rechts« noch am Mittwoch in einer Mitteilung als »krassen Schritt«, mit dem versucht werde, »die politische Meinungsfreiheit und den Schutz unserer Demokratie und Wissenschaftsfreiheit an den Universitäten im Sinne der Agenda der AfD zu zensieren«.

In ihren Stellungnahmen verweisen die Universitäten wie der AfD-Politiker auf die gebotene Neutralitätspflicht. Im Gespräch mit dem FU-Präsidium, berichtete die Aktivistin gegenüber jW, sei dies das einzige Argument der Leitung gewesen. Über das Agieren der Verantwortlichen sei man »noch immer sehr erschüttert«, sagte Tony am Donnerstag. Der Protest richte sich schließlich gegen eine »noch nicht existierende Jugendorganisation« der AfD. »Wir müssen zeigen, dass unsere Generation für mehr steht, für Solidarität und Widerstand«, erklärte die Aktivistin.

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